Abschaffung der Inhaberaktie bei börsenfernen Aktiengesellschaften

Die Inha­ber­ak­tie bei nicht­bör­sen­no­tier­ten Akti­en­ge­sell­schaf­ten soll abge­schafft wer­den; zuge­las­sen wird künf­tig nur noch die Namens­ak­tie; beste­hende Gesell­schaf­ten müs­sen bis Ende 2014 umstel­len. So sieht es der Referentenentwurf einer Aktiennovelle (DB0395158) vor . Begrün­dung: “Auf inter­na­tio­na­ler Ebene wurde Kri­tik am deut­schen Rechts­sys­tem dahin­ge­hend geäu­ßert, dass bei nicht­bör­sen­no­tier­ten Gesell­schaf­ten mit Inha­ber­ak­tien keine aus­rei­chen­den Infor­ma­tio­nen über den Gesell­schaf­ter­be­stand ver­füg­bar seien.

Dies soll zum Anlass genom­men wer­den, die Trans­pa­renz in die­sem Bereich zu ver­bes­sern.” Diese “inter­na­tio­nale Ebene” besteht ein­zig und allein aus der wenig bekann­ten Financial Action Task Force (FATF). Dabei han­delt es sich um ein der OECD ange­glie­der­tes Gre­mium zur Bekämp­fung der Geld­wä­sche und der Ter­ro­ris­mus­fi­nan­zie­rung, das 1989 gegrün­det wurde und dem 33 Staa­ten ange­hö­ren. In ihrem drit­ten Bericht aus dem Jahr 2010 für Deutsch­land (“Third Mutual Evaluation Report of Germany” vom Februar 2010) bemän­gelte die FATF, dass bei Inha­ber­ak­tien keine hin­rei­chende Trans­pa­renz hin­sicht­lich der Gesell­schaf­ter­struk­tur gewähr­leis­tet sei: “Lack of trans­pa­rency over non-​publicly lis­ted stock cor­po­ra­ti­ons that issue their sha­res in bea­rer form … “create a poten­ti­ally con­side­ra­ble risk of ML and TF”. ML = Geld­wä­sche, TF = Terrorfinanzierung.

Von den 17 357 Akti­en­ge­sell­schaf­ten sind 16 651 nicht an der Börse. Bis­lang besteht eine freie Wahl, ob Inha­ber– oder Namens­ak­tien (§§ 10 Abs.1, 23 Abs. 3 Nr. 5 AktG) aus­ge­stellt wer­den. Die große Mehr­zahl führt Namens­ak­tien, was eine ver­nünf­tige Ent­schei­dung ist. Aber es gibt eine min­des­tens vier­stel­lige Zahl von Gesell­schaf­ten, die sich für die Inha­ber­ak­tie ent­schie­den haben. Da ist man doch erschro­cken, was diese Gesell­schaf­ten mit ML und TF zu tun haben. Gibt es dazu Recht­stat­sa­chen, etwa Ermitt­lungs­er­geb­nisse oder gar Gerichts­ver­fah­ren? Die FATF kann in ihrem umfäng­li­chen Report ebenso wenig wie die Begrün­dung des Refe­ren­ten­ent­wurfs irgend­et­was in die­ser Rich­tung nen­nen. Es han­delt sich also ledig­lich um die Unter­stel­lung, bei Gesell­schaf­ten mit Inha­ber­ak­tien könnte es zu den inkri­mi­nier­ten Akti­vi­tä­ten kom­men. Eine nicht sub­stan­ti­ierte Befürch­tung ist aber kein taug­li­cher Grund für einen gesetz­ge­be­ri­schen Ein­griff zur Eli­mi­nie­rung der Inha­ber­ak­tie.

Soll­ten unter dem Deck­man­tel der klei­nen Akti­en­ge­sell­schaft tat­säch­lich Geld­wä­sche und Ter­ror­fi­nan­zie­rung betrie­ben wer­den, so wäre es mit einer gegen­über dem Vor­stand trans­pa­ren­ten Betei­li­gungs­struk­tur durch Namens­ak­tien nicht getan, denn in die­sem Fall wer­den Aktio­näre und deren Mana­ger unter einer Decke ste­cken. Die Öffent­lich­keit (und damit auch die Poli­zei) erfah­ren von der Zusam­men­set­zung des Aktio­na­ri­ats auch bei Namens­ak­tien nichts. Das vom Vor­stand geführte Akti­en­re­gis­ter ist nicht publik; selbst Aktio­näre dür­fen nur die eige­nen Daten ein­se­hen, es sei denn, die Sat­zung erlaubt Wei­te­res (§ 67 Abs. 6 Satz 1 und 2 AktG). Damit unter­schei­det sich die Rechts­lage deut­lich von der GmbH. Dort ist die Gesell­schafter­liste (§§ 16, 40 GmbHG) über das Han­dels­re­gis­ter (§ 9 HGB) für jeder­mann zugäng­lich. Schon des­halb ist sehr zwei­fel­haft, ob man mit der inter­nen Regis­trie­rung der Aktio­näre das Ziel erreicht, “Geld­wä­sche und Ter­ror­fi­nan­zie­rung” zu bekämp­fen. Die Fest­le­gung auf die Namens­ak­tie erscheint dafür weder geeig­net noch erfor­der­lich. Die Bestre­bun­gen im deut­schen Akti­en­recht gehen an sich dahin, die Sat­zungs­frei­heit aus­zu­wei­ten. Die Abschaf­fung von Sat­zungs­frei­heit bei der Wahl der Akti­en­art wäre ein Schritt rück­wärts.

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