Paradigmenwechsel bei der Sanierung von Kreditinstituten

Dr. Tim Oliver Brandi, Partner der internationalen Sozietät Hogan Lovells, Frankfurt/M.

Zum Jahreswechsel 2010/2011 ist das Restrukturierungsgesetz mit seinen Regelungen zum neuen Restrukturierungsfonds, zur Bankenabgabe, zum Sanierungs- und Reorganisationsverfahren für Kreditinstitute und den erweiterten aufsichtsrechtlichen Restrukturierungsbefugnissen der BaFin in Kraft getreten. Das neue Instrumentarium zur Sanierung und Reorganisation von Kreditinstituten ist als ein sinnvoller Paradigmenwechsel zu begrüßen. Es ist geeignet, negative Anreizwirkungen („moral hazard“) für Geschäftsleitung, Anteilseigner und Gläubiger hybrider Finanzierungsinstrumente von systemrelevanten Kreditinstituten zu verringern, die darauf beruhen, dass sie nach bisheriger Rechtslage davon ausgehen konnten, dass der Staat das Institut als „too big too fail“ ansehen und durch staatliche Stützungsmaßnahmen auffangen würde.

Auch der Restrukturierungsfonds wird zukünftig von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) verwaltet. Die FMSA erhält durch das Restrukturierungsgesetz die Befugnis, mit den Mitteln des Restrukturierungsfonds Stützungsmaßnahmen durch Garantien oder Eigenkapitalzufuhr zu gewähren. Ferner kann die FMSA sogenannte „Brückeninstitute“ gründen, auf die Geschäftsbereiche von systemrelevanten bestandsgefährdeten Kreditinstituten übertragen werden können.

Der zulässige Empfängerkreis solcher Stützungsmaßnahmen der FMSA ist in Zukunft jedoch enger gefasst als nach dem bisherigen Finanzmarktstabilisierungsregime. Nunmehr können nur noch solche Rechtsträger Stützungsmaßnahmen mit Mitteln des Restrukturierungsfonds erhalten, auf die durch Übertragungsanordnung der BaFin oder im Rahmen eines Reorganisationsverfahren Geschäftsbereiche eines systemrelevanten Kreditinstituts übertragen werden, das in seinem Bestand gefährdet ist.

Das dem Insolvenzplanverfahren nachgebildete Reorganisationsverfahren erlaubt, in die Rechte von Gläubiger (zum Beispiel durch Kürzung von Forderungen) und von Anteilseignern (zum Beispiel durch die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital) einzugreifen. Zwar müssen an sich jede Gläubigergruppe und die Anteilseigner einem entsprechenden Reorganisationsplan mehrheitlich zustimmen. Jedoch gilt die Zustimmung opponierender Gläubiger oder Anteilseigner unter bestimmten Voraussetzungen als erteilt, die sicherstellen sollen, dass sinnvolle Restrukturierungsmaßnahmen nicht an dem Widerspruch Einzelner scheitern.

Auch das neu geschaffene Rechtsinstrument der Übertragungsanordnung hat eine zentrale Bedeutung. Hiermit kann die BaFin anordnen, dass das Vermögen von systemrelevanten Kreditinstituten, die in ihrem Bestand gefährdet sind, im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen neuen Rechtsträger übertragen wird. Aufnehmender Rechtsträger kann eine bestehende Bank oder ein für diesen Zweck von der FMSA geschaffenes Brückeninstitut sein. Das bisherige Kreditinstitut kann anschließend der geordneten Abwicklung zugeführt oder in die Insolvenz entlassen werden. 

Allerdings ist zu befürchten, dass die praktische Umsetzung einer solchen Übertragungsanordnung im internationalen Kontext auf wichtige praktische Hindernisse stoßen kann. Besondere Gefahren können hierbei von Beendigungs- und Verrechnungsklauseln ausgehen, die in Finanzierungs- und Derivateverträgen geschäftsüblich sind. Zwar schließt das Restrukturierungsgesetz eine Kündigung von Schuldverhältnissen allein aus Anlass der Vermögensübertragung aus. Jedoch ist zweifelhaft, inwieweit diese gesetzliche Regelung von ausländischen Gerichten anerkannt würde.

Kommentare sind geschlossen.