Diskussion zur Auslandsbeurkundung wiederbelebt

RA Dr. Sabine Pittrof, Partnerin bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Das OLG Düsseldorf hat mit seinem Beschluss vom 2. 3. 2011 (Az. I-3 WX 236/10, DB 2011 S. 808) neuen Schwung in die Diskussion um das Thema von Auslandsbeurkundungen gebracht. In der Vergangenheit war es durchaus üblich und wurde von der herrschenden Meinung als zulässig erachtet, die Übertragung und Verpfändung von GmbH-Anteilen oder den Abschluss von Gesellschaftervereinbarungen in Basel, Zürich oder Zug zu beurkunden. Vorteil dabei war, dass in der Schweiz die Beurkundungsgebühren mit dem Notar frei vereinbart werden können. Anders in Deutschland – hier sind die Notariate zur Abrechnung nach der gesetzlichen Kostenordnung verpflichtet. Die Höhe der Gebühren richtet sich dabei nach dem Geschäftswert.

Trotz Bestehens einer Obergrenze für den Geschäftswert bei 60 € können die Gebühren auch bei einfacheren Angelegenheiten daher vergleichsweise hoch sein. Auf der anderen Seite steht bei einem Mitglied des deutschen Notariats in Fragen des deutschen Rechts ein zuverlässiger Beratungspartner zur Seite.

Bedenken gegen die Zulässigkeit von Beurkundungen in der Schweiz wurden erstmals laut, als zum 1. 2. 2008 das Schweizer Obligationenrecht dahingehend geändert wurde, dass die Übertragung von Anteilen an einer Schweizer GmbH nun nicht mehr zwingend der notariellen Beurkundung bedarf. Ein jähes Ende fand der Beurkundungstourismus dann im darauffolgenden Jahr durch ein obiter dictum des LG Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 7. 10. 2009 (Az. 3-13 O 46/09, DB0344350). Danach verneinte das LG Frankfurt die Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung mit der Begründung, ein Schweizer Notar könne mangels Amtsbefugnis in Deutschland der Pflicht zur Einreichung einer Gesellschafterliste nicht nachkommen, wie es der durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 1.  11. 2008 eingeführte § 40 Abs. 2 GmbHG erfordert. Obwohl es sich nur um die Nebenbemerkung eines unteren Gerichts handelte, stand fortan die Formunwirksamkeit einer im Ausland beurkundeten Anteilsübertragung im Raum. Dieses Risiko wollte kaum jemand mehr eingehen.

Mit dem jetzigen Beschluss des OLG Düsseldorf könnte allerdings wieder eine Kehrtwende eingeleitet werden. Gegenstand der Beschwerde zum OLG Düsseldorf war die Verweigerung des zuständigen Registergerichts, eine von einem Schweizer Notar erstellte und mit der Bescheinigung gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG versehene Gesellschafterliste in das Handelsregister aufzunehmen. Der Notar mit Amtssitz in Basel hatte die Übertragung von Geschäftsanteilen an einer deutschen GmbH beurkundet und sich für die Einreichung der Liste beim zuständigen Handelsregister eines deutschen Notars als Boten bedient. Das Registergericht hatte die Annahme der Liste mit der Begründung verweigert, die Anteilsübertragung sei unwirksam, da diese nach der durch das MoMiG geschaffenen Rechtslage nur vor einem deutschen Notar erfolgen könne, denn nur dieser könne Adressat der öffentlich-rechtlichen Amtspflicht in § 40 Abs. 2 GmbHG sein.

Dieser Rechtsauffassung folgt das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss nicht. Seine Begründung stützt es auf die folgenden Aspekte: Erstens sei die Beurkundung in bestimmten Kantonen der Schweiz, wie bereits höchstrichterlich entschieden, der deutschen Beurkundung gleichwertig, da dort das Notariat eine der dem deutschen Notariat entsprechende Funktion habe und das Verfahren der Beurkundung dem deutschen entspreche. Das habe sich auch nicht dadurch geändert, dass das Schweizer Obligationenrecht geändert wurde und nun eine privatschriftliche Anteilsübertragung zulasse. Eine Beurkundung sei nach wie vor freiwillig zulässig. Das Notar- und Beurkundungsrecht selbst hingegen sei nicht geändert worden, so dass sich an der Gleichwertigkeit des Verfahrens nichts geändert habe.

Aus den durch das MoMiG eingeführten Änderungen oder der Gesetzesbegründung lasse sich ebenfalls keine Unzulässigkeit von Auslandsbeurkundungen ableiten. Die Gesetzessystematik spreche dagegen, die Unzulässigkeit von Auslandsbeurkundungen mit der Zuständigkeit für die Einreichung der neuen Gesellschafterliste zu begründen. Hierbei handele es sich um eine reine Mitteilungspflicht des Notars, die auf die Wirksamkeit der Anteilsübertragung keinen Einfluss habe. Insbesondere sei die Prüfungspflicht des Notars hinsichtlich der Veränderungen im Gesellschafterkreis der GmbH begrenzt, da lediglich die Richtigkeit der aktuell beurkundeten Anteilsübertragung bestätigt werde.

Der seit MoMiG eingeführte Schutz des guten Glaubens hinsichtlich der Gesellschafterstellung knüpfe an die Gesellschafterliste allgemein an, unabhängig davon, ob sie von einem Notar oder der Geschäftsführung eingereicht werde. Ziel des MoMiG sei die Steigerung der internationalen Attraktivität der GmbH. Ein Verbot der Auslandsbeurkundung und der damit verbundenen Kostenersparnis würde diesem Zweck zuwiderlaufen. Mit dieser Begründung erachtet das OLG Düsseldorf die Beurkundung der GmbH-Anteilsabtretung in Basel als wirksam.

Das OLG Düsseldorf geht weiter darauf ein, dass auch eine ausländische Urkundsperson  zur Einreichung der neuen Gesellschafterliste beim Handelsregister berechtigt sei. Habe der ausländische Notar die aus Sicht des OLG wirksame Beurkundung durchgeführt, könne er sich eines deutschen Kollegen als Boten bedienen, um die Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen.

Der Beschluss des OLG Düsseldorf ist zu begrüßen, da sich das Gericht inhaltlich mit der Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung nach Inkrafttreten des MoMiG auseinandersetzt und diese ausführlich und dogmatisch überzeugend begründet. Für die Übertragung oder Verpfändung von GmbH-Geschäftsanteilen wird damit die Auslandsbeurkundung wieder zu einer kostengünstigen Alternative. Hinsichtlich komplexerer Sachverhalte und solcher, die die Gesellschaftsverfassung betreffen, ist die Beiziehung einer deutschen Notarin bzw. eines deutschen Notars nach wie vor unerlässlich. Der Beschluss des OLG Düsseldorf ist jedoch ein Schritt hin zu mehr Rechtssicherheit, auch wenn abzuwarten bleibt, ob sich andere Oberlandesgerichte und der BGH dem Urteil anschließen werden.

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