Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts im Jahr 2009 wurde im Interesse des Mittelstandsschutzes der Grundsatz der losweisen Vergabe gestärkt. Das OLG Karlsruhe hat hierzu am 6. 4. 2011 (Beschluss, Az. 15 Verg 3/11) entschieden, dass ein öffentlicher Auftraggeber auch über den konkreten Zuschnitt von Losen nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden hat. Das Gesetz schreibt nicht vor, wie groß die aufgeteilten Lose sein müssen. Es formuliert „nur“ Voraussetzungen für die Zusammenfassung von Teillosen. Das Gesetz gibt aber nicht vor, in welchen Grenzen oder nach welchen Kriterien Teillose zu bilden sind.
In dem zu Grunde liegenden Sachverhalt stand die Ausschreibung von Unterhaltsreinigungsleistungen in drei Teillosen zwischen ca. 82.000 m² und rund 90.000 m² mit einem geschätzten Gesamtauftragsvolumen von ungefähr 6,7 Mio. € in Streit. Das die Nachprüfung betreibende Unternehmen argumentierte, es könne nur Lose mit einer Größe von bis zu 35.000 m² bedienen. Die von dem öffentlichen Auftraggeber gewählten Losgrößen seien mittelstandsfeindlich und könnten nur von Großunternehmen bewältigt werden. Diese Argumentation blieb vor dem baden-württembergischen Vergabesenat ohne Erfolg.
Wichtige Aspekte für die Beschaffungspraxis:
- Erfolgt die Aufteilung eines öffentlichen Auftrages in Teillose, wird damit dem Erfordernis nach Teillosbildung grundsätzlich entsprochen.
- Die Vergabestelle entscheidet grundsätzlich alleine darüber, welchen Umfang die zu vergebende Leistung im Einzelnen haben soll und ob gegebenenfalls mehrere Leistungseinheiten gebildet werden, die gesondert vergeben und vertraglich abzuwickeln sind.
- § 97 Abs. 3 GWB zwingt den öffentlichen Auftraggeber nicht dazu, Lose so zuzuschneiden, dass sich jedes am Markt tätige mittelständische Unternehmen darum auch tatsächlich bewerben kann.
- Das für den Loszuschnitt ausgeübte Ermessen der Vergabestelle muss die Grenzen der Ermessensausübung einhalten bzw. inhaltlich sachgerecht und nachvollziehbar sein. Die Frage, ob die jeweilige Aufteilung in Teillose mittelständische Interessen ausreichend berücksichtigt, bleibt deshalb einer Einzelfallbetrachtung vorbehalten.
- Der Gesetzeswortlaut legt es nahe, dass der Loszuschnitt grundsätzlich so zu wählen ist, dass sich eine Mehrheit potenzieller Bieter an einer Vergabe beteiligen kann, ohne gezwungen zu sein, Bietergemeinschaften zu bilden.
Der Begriff des „Mittelstandes“ findet allgemein für Unternehmen Verwendung und differenziert nicht nach einzelnen Wirtschaftszweigen. Um die mittelständischen Interessen bei einer Losaufteilung zu berücksichtigen, ist die Größe und Leistungsfähigkeit der Unternehmen (z. B. Jahresumsatz) des betroffenen Wirtschaftszweiges maßgeblich.