Kommunen müssen Öko-Autos beschaffen

RA Holger Schröder, Rödl & Partner, Nürnberg

Mit der am 12. 5. 2011 in Kraft getretenen sog. „Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung sowie der Sektorenverordnung“ (BGBl. Teil I Nr. 21, S. 800 ff.) müssen öffentliche Auftraggeber, wie z. B. Städte und Gemeinden, umweltfreundliche Straßenfahrzeuge beschaffen. Die Verpflichtung gilt für den Kauf von Pkw, Nutzfahrzeugen und Bussen, deren geschätzter Auftragswert den jeweils maßgeblichen europäischen Schwellenwert (allgemein: 193.000 € bzw. in den Sektorenbereichen Trinkwasser-/Energieversorgung oder Verkehr: 387.000 €) überschreiten.

Die wichtigsten Neuregelungen finden sich vor allem in den § 4 Abs. 7 bis 10 VgV bzw. §§ 7 Abs. 5 und 6, 29 Abs. 2 SektVO. Die Änderungsverordnung war notwendig geworden wegen der Verpflichtung Deutschlands zur Umsetzung der europäischen Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge.

Die Neuregelung ist praktisch von großer Bedeutung, weil sie öffentliche Auftraggeber beim Fahrzeugkauf grundsätzlich zur Berücksichtigung von Öko-Faktoren zwingt. Als solche Umweltfaktoren sind mindestens (1.) der Energieverbrauch, (2.) die Kohlendioxid-Emissionen (CO2), (3.) die Emissionen von Stickoxiden (NOx), (4.) die Emissionen von Nichtmethan-Kohlenwasserstoffen und (5.) partikelförmige Abgasbestandteile zu beachten. Bezugsgröße hierfür ist die Lebensdauer der jeweiligen Straßenfahrzeuge. So gilt bspw. für Pkw eine Gesamtkilometerleistung von 200.000 Kilometer, während für Busse eine Laufleistung von 800.000 Kilometer zu Grunde zu legen ist.

Die öffentlichen Auftraggeber haben allerdings die Wahl, ob sie den Öko-Faktoren im Rahmen der Leistungsbeschreibung oder bei der Zuschlagsentscheidung Rechnung tragen. So sind Angebote, die zukünftig nicht den in der Leistungsbeschreibung enthaltenen technischen Öko-Spezifikationen des ausgeschriebenen Straßenfahrzeuges entsprechen, vom Vergabewettbewerb auszuschließen. Wenn dagegen der Energieverbrauch und die Umweltauswirkungen bei der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes finanziell bewertet werden soll, so ist eine von der Verordnung näher definierte Methode anzuwenden. Hierbei werden die über die Lebensdauer eines Straßenverkehrsfahrzeuges durch dessen Betrieb verursachten Energieverbrauchs- und Emissionskosten (Betriebskosten) nach einer detaillierten Methodik finanziell bewertet und berechnet. Diese Verordnungsmethodik belässt den öffentlichen Auftraggebern nur wenige Spielräume, etwa bei der Beurteilung des Energiegehaltes von Erdgas oder der Emissionskosten von Kohlendioxid.

Eine für die Beschaffungspraxis wichtige Ausnahme von dem verordneten Zwang, Öko-Fahrzeuge zu beschaffen, besteht für den Kauf von eigens konstruierten und gebauten Einsatzfahrzeugen. Dies sind Straßenverkehrsfahrzeuge im hoheitlichen Einsatz. Betroffen sind (1.) die Bundeswehr, (2.) der Katastrophenschutz, (3.) die Feuerwehr sowie (4.) die Polizei. Sie müssen bei der Beschaffung von Einsatzfahrzeugen Öko-Faktoren nur berücksichtigen, soweit es der jeweilige Stand der Technik zulässt und hierdurch die Einsatzfähigkeit des hoheitlichen Auftrages nicht beeinträchtigt wird.

Festzuhalten bleibt: Das Vergaberecht ist durch die Änderungsverordnung „grüner“ geworden. Zwar mag nur ein Teilbereich des Beschaffungsbedarfes der öffentlichen Hand, nämlich das der Straßenfahrzeuge, berührt sein. Die Neuregelungen dürfen den Normanwender aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass bereits vor dem Inkrafttreten der Änderungsverordnung Öko-Vergabevorschriften, z. B. beim Kauf von Geräten und technischen Ausrüstungen (vgl. § 8 VOL/A-EG) berücksichtigt werden mussten, allerdings nicht mit dieser Regelungs- und Detailtiefe wie für Straßenfahrzeuge. Insoweit stellt die Änderungsverordnung einen grünen Meilenstein dar.

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