Der EuGH hat mit einer Entscheidung zum Haftungsumfang bei mangelhaften Verbrauchsgütern Stellung zu einer im deutschen Recht seit langem umstrittenen Rechtsfrage bezogen. Dabei ging es darum, ob den Verkäufer bei der Nachlieferung einer mangelfreien Sache i. S. des § 439 Abs. 1 Var. 2 BGB auch die Kosten für den damit verbundenen Ein- und Ausbau der mangelhaften bzw. anschließend der mangelfreien Sache zu ersetzen hat. Bislang hatte der BGH die Auffassung vertreten, dass dies im deutschen Recht nicht Teil des Anspruchs auf Nacherfüllung wäre (Parkettstäbe-Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 15. 7. 2008 – VIII ZR 211/07, DB 2008 S. 8 [LS]). Nachdem der BGH nunmehr Zweifel an der Europarechtskonformität dieser Rechtsauffassung hatte, hat er mit Beschluss vom 14. 1. 2009 (VIII ZR 70/08, DB 2009 S. 8) dem EuGH entsprechende Auslegungsfragen zur Klärung vorgelegt.
Unter Berufung auf die Regelungen des Art. 3 Abs. 2, 3 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 99/44/EG entschied der EuGH nunmehr (EuGH, Urteil vom 16. 6. 2011 – Rs. C-65/09), dass der Verkäufer – unabhängig davon, ob der Einbau der Sache geschuldet ist – diese Kosten zu tragen hat. Laut EuGH ist es ein wesentliches Ziel des mit der Richtlinie gewährleisteten Verbraucherschutzes, dass der vertragsgemäße Zustand unentgeltlich hergestellt werden soll.
Würden die Ein- und Ausbaukosten nicht vom Verkäufer getragen, würde das zu einer Schlechterstellung des Verbrauchers führen, die ausschließlich auf die nicht ordnungsgemäße Vertragserfüllung des Verkäufers zurückzuführen wäre. Dieses Ergebnis läuft nach Auffassung des EuGH der Absicht des europäischen Gesetzgebers zuwider. Nationale Regelungen müssen daher auch zwingend im Sinne dieser Richtlinie ausgelegt werden.
Die Ersatzpflicht trifft den Verkäufer auch dann, wenn keinem der Beteiligten ein schuldhaftes Verhalten anzulasten ist. Baut also ein Verbraucher gutgläubig eine mangelhafte Sache ein und trifft auch den Verkäufer kein Verschulden an der Mangelhaftigkeit, muss er trotzdem für die anfallenden Kosten aufkommen.
Nachdem die Europäische Richtlinie den Schutz des Verbrauchers als natürliche Person im Fokus hat, gilt die Erkenntnis dieser Entscheidung zunächst nicht für den gewerblichen Bereich. Es bleibt dennoch abzuwarten, ob eine entsprechende Auslegung der einschlägigen BGB-Vorschriften auch auf den Rechtsverkehr zwischen Unternehmern Anwendung finden wird.
Falls das der Fall wäre, wäre die Entscheidung wohl auch im Geschäftsverkehr von großer Bedeutung. Unabhängig davon sollte auf diese Aspekte bereits jetzt bei der Vertragsgestaltung Wert gelegt werden.