Absicherung des Lizenznehmers bei Insolvenz des Lizenzgebers

RA Peter Homberg, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff

Lizenzverträge sind eine häufig genutzte Möglichkeit, um strategische Partnerschaften zwischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und finanzkräftigen Großunternehmen zu begründen. Die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Unternehmen lassen sich in Lizenzverträgen gut abbilden. Großunternehmen als Lizenznehmer können sich durch entsprechende vertragliche Vereinbarung frühzeitig neue Technologien sichern, um für eine  stetig gefüllte Produktpipeline und damit eine starke Marktposition gegenüber Mitbewerbern zu sorgen. Als Gegenleistung kann für die KMU eine finanzielle Unterstützung vereinbart werden, welche wiederum neue Entwicklungen ermöglicht.

Für den Fall einer Insolvenz eines KMU als Lizenzgeber lässt das deutsche Insolvenzrecht gegenwärtig eine vertragliche Absicherung des Lizenznehmers notwendig erscheinen. Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen bergen die Gefahr einer „mangelnden Insolvenzfestigkeit“. Denn falls ein Lizenzvertrag zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht oder nicht vollständig erfüllt ist, so hat der Insolvenzverwalter ein Wahlrecht, den Lizenzvertrag entweder zu erfüllen oder die Erfüllung ablehnen. Für den Fall, dass der Insolvenzverwalter die Ablehnung der Vertragserfüllung wählt, kann der Lizenznehmer nach allgemeiner Ansicht die mit dem Vertrag gewährte Lizenz nicht mehr nutzen.

Die tatsächliche Praxisrelevanz und die finanziellen Auswirkungen der vorgenannten Aspekte lassen sich mit einem klassischen Beispiel aus der Pharmaindustrie verdeutlichen: Wie einleitend dargestellt, kommt es zwischen KMU und größeren (Pharma-) Unternehmen häufig zu Lizenzverträgen, wodurch das größere Unternehmen Wirkstoffpatente eines kleineren Biotech-Unternehmens einlizenziert. Das größere Unternehmen führt dann im Regelfall die kostenintensiven Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durch, um letztlich darauf aufbauend ein neues Medikament auf den Markt bringen zu können.

Diese Marktplatzierung macht wiederum den Bau von Produktionsanlagen unter neuerlichem Kostenaufwand für das Pharmaunternehmen nötig. Kommt es nun aber zur Insolvenz des Biotech-Unternehmens als Lizenzgeber, so kann dies nach aktueller Rechtslage bei mangelnder vertraglicher Absicherung schwerwiegende Konsequenzen bis hin zum Verlust der weiteren Nutzungsmöglichkeiten der Lizenz haben. Die beim Pharmaunternehmen getätigten hohen Investitionen wären in diesem Fall verloren.

Um die Risiken für den Lizenznehmer zu minimieren, werden zahlreiche Vertragskonstrukte und –klauseln diskutiert. Über die Insolvenzfestigkeit solcher Vertragsgestaltungen wurde allerdings höchstrichterlich noch nicht entschieden. Am weitesten verbreitet ist die Einräumung eines Sicherungsnießbrauchs oder eines Pfandrechts. Möglich ist auch die vertragliche Fixierung, dass bei Erreichen eines vorab bestimmten Entwicklungsschrittes die Übertragung des ursprünglich lizenzierten Patents vom Lizenzgeber auf den Lizenznehmer erfolgt. Als gesellschaftrechtlicher Ansatz wird die Gründung einer eigenen Gesellschaft und die Einbringung der gewerblichen Schutzrechte als Sacheinlage in diese Gesellschaft in verschiedenen Ausgestaltungen diskutiert:

Einbringung der gewerblichen Schutzrechte als Sacheinlage in eine neue und hundertprozentige Tochtergesellschaft des Lizenzgebers bzw. eine Tochtergesellschaft des Lizenzgebers im Ausland oder auch die Neugründung einer Gesellschaft unter Beteiligung von sowohl Lizenzgeber als auch Lizenznehmer und die Einbringung der gewerblichen Schutzrechte in diese neugegründete Gesellschaft. Da aber alle diskutierten Lösungsansätze in Bezug auf ihre Praktikabilität und/oder in Bezug auf ihre Rechtssicherheit Bedenken ausgesetzt sind, kann letztlich nur eine umfassende Reform der rechtlichen Vorgaben eine absolute Insolvenzfestigkeit begründen.

Der Gesetzgeber hat diese Chance bisher nicht genutzt – ein Gesetzesentwurf zur Änderung der Insolvenzordnung konnte im Jahr 2008  nicht realisiert werden. Somit fehlt in der Insolvenzordnung nach wie vor eine Vorschrift zur Gewährleistung der Insolvenzfestigkeit von gewerblichen Schutzrechten bei Insolvenz des Lizenzgebers. Nur eine umfassende vertragliche Gestaltung, die eine mögliche künftige Insolvenz des Lizenzgebers in Betracht zieht, kann daher derzeit dazu beitragen, Fallstricke für den Fall der Insolvenz des Lizenzgebers schon bei Vertragsschluss zu vermeiden und mögliche spätere Auswirkungen der unzureichenden gesetzlichen Regelungen abzumildern.

In anderen Ländern wurde schon frühzeitig erkannt, dass mangelnde Sicherheit für Lizenznehmer im Fall der Insolvenz des Lizenzgebers oder auch allzu komplizierte Vertragskonstruktionen zur Absicherung des Lizenznehmers in der Insolvenz zu einem Standortnachteil führen können. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Bedeutung gewerblicher Schutzrechte für den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland zukünftig adäquat berücksichtigt wird und der Gesetzgeber einen Beitrag zur Sicherung und Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland durch eine Ergänzung der Insolvenzordnung liefert.

Kommentare sind geschlossen.