Brüssel News

RA/FAStR Oliver Holzinger, Chefredakteur DER BETRIEB, Düsseldorf

Nach der Sommerpause dürften aus Brüssel in den kommenden Wochen zu den Themen Patent, Insolvenzrecht und Corporate Governance interessante Impulse zu erwarten sein. Die Verfahrensabläufe sind zumindest vonseiten des Europäischen Parlaments relativ eng getaktet.

Patentschutz

Das aus zwei Verordnungen und einem internationalen Abkommen bestehende Verhandlungspaket zum Patentschutz in Europa wird derzeit im Europäischen Parlament vorbereitet. Die Berichte zur Verordnung über einen einheitlichen Patentschutz, zur Verordnung über die Übersetzungsregeln des Patentes und zum Internationalen Abkommen über ein einheitliches Patentgerichtssystem sollen am 15. September fertig gestellt und übersetzt werden. Am 10. Oktober findet im zuständigen Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments eine Anhörung zu den drei Dossiers statt. Die Abstimmung im Ausschuss ist für den 22. November geplant.

Es wird davon ausgegangen, dass die polnische Präsidentschaft für den Rat bald in Verhandlungen mit dem Parlament tritt; Ziel ist es, noch in diesem Jahr die Verhandlungen zu den beiden Verordnungen in trockene Tücher zu bringen; die Verhandlungen zum Gerichtssystem könnten etwas länger dauern, da der Textentwurf im Rat zum Teil sehr strittige Punkte enthält. Dennoch sollte man derzeit damit rechnen können, dass der EU-Gesetzgeber die Verfahren im Laufe des nächsten Jahres abschließt.

Harmonisierungsoptionen im Insolvenzrecht

Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments will Mitte September über etwaige Harmonisierungsmöglichkeiten im Insolvenzrecht beraten. In einem Berichtsentwurf schlägt der zuständige EU-Abgeordnete Klaus-Heiner Lehne (EVP/CDU) vor, auszuloten, inwieweit in den Bereichen Verfahrenseröffnung, Forderungsanmeldung, Anfechtungsklagen, Insolvenzverwalter und Restrukturierungsplan eine europaweite Vereinheitlichung der verschiedenen nationalen Insolvenzordnungen eine Erleichterung beim Unternehmenskonkurs mit grenzüberschreitendem Bezug (z. B. Gläubiger aus verschiedenen EU-Staaten; Beteiligung verschiedener Unternehmenstöchter bei Konzerninsolvenz) bringen kann. Noch im Oktober könnten die Abgeordneten dann der Kommission die Vorschläge unterbreiten. Die Kommission müsste daraufhin entweder einen Gesetzesentwurf vorbereiten oder erklären, warum die EU im Insolvenzrecht zunächst nicht tätig werden sollte.

Corporate Governance

Mit dem Grünbuch zum Europäischen Corporate Governance-Rahmen (KOM(2011)164) hat die Kommission die Diskussion um Unternehmensführung in Europa fortgesetzt. Binnenmarktkommissar Barnier scheint entschlossen zu sein, spätestens Anfang 2012 konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Weitreichend ist die Überlegung, auch nicht börsennotierte Unternehmen EU-Corporate Governance Regeln zu unterwerfen. Das Grünbuch gliedert seine 25 Fragen in die drei Themenbereiche Aufsichtsrat, Aktionäre und Umsetzung der Corporate Governance-Regeln. Politisches Flagschiff ist die „Diversitätsstrategie“ für die Besetzung des Aufsichtsrats, die jedes Unternehmen veröffentlichen soll. Hier hinter verbirgt sich u. a. die Frauenquote. Nicht klar ist, ob auch der Vorstand von den Überlegungen betroffen sein soll. Außerdem soll der Aufsichtsrat eine größere Verantwortung für Risikoentscheidungen übernehmen. Ferner diskutiert das Grünbuch über Rolle und Schutz von Minderheitsaktionären und über Arbeitnehmeraktien. Was die Durchsetzung von Corporate Governance-Regeln betrifft, setzt die Kommission auf eine stärkere Erklärungspflicht der Unternehmen und etwaige Aufsichtsbefugnisse von Behörden.
Derzeit wertet die Kommission die Beiträge zum Grünbuch aus. Es ist zu erwarten, dass die Überlegungen des Binnenmarktkommissars kritisch gesehen werden. Das Europäische Parlament reagiert auf das Grünbuch mit einer Resolution, die derzeit erarbeitet wird. Berichterstatter ist hier der rumänische EVP-Abgeordnete Sebastian Bodu. Mit einem Berichtsentwurf ist spätestens im Oktober zu rechnen.

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