Einführung des verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out

RA/StB/FBIStR Prof. Dr. Christian Rödl, Geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner, Nürnberg

Am 15. 7. 2011 ist eine Änderung des Umwandlungsgesetzes in Kraft getreten, durch die eine weitere Möglichkeit für einen sogenannten Squeeze-out im Zusammenhang mit einer Konzernverschmelzung geschaffen wurde. Über einen Squeeze-out können Minderheitsaktionäre vom Hauptaktionär gezwungen werden, ihm ihre Anteile gegen eine angemessene Barabfindung zu übertragen. Hauptaktionäre können damit ihre Konzernstruktur bereinigen. Zulässig bleibt das Squeeze-out-Verfahren weiterhin nur, wenn die übernehmende Gesellschaft eine Aktiengesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) oder eine Societas Europaea (SE) ist.

Die Möglichkeit eines Squeeze-outs war bisher nur im Aktienrecht (§§ 312a ff. AktG) sowie im Übernahmerecht (§§ 39a ff. WpÜG) vorgesehen, wenn eine Mehrheitsbeteiligung von 95% erreicht wurde. Über den neu eingefügten § 62 Abs. 5 UmwG kann ein solcher Squeeze-out nun auch dann stattfinden, wenn die Muttergesellschaft als Hauptaktionärin 90% der Anteile der Tochtergesellschaft hält und die Tochtergesellschaft im Anschluss mit der Muttergesellschaft verschmolzen wird. Die bisherigen aktien- oder übernahmerechtlichen Mehrheitserfordernisse bleiben davon unberührt.

Da mit der Senkung der Schwelle das Herausdrängen von Minderheitsgesellschaftern gegenüber dem aktienrechtlichen Squeeze-out deutlich vereinfacht wird, sind die Minderheitsgesellschafter vor Umgehungen zu schützen. Damit die Verschmelzung der Gesellschaften nicht nur pro forma vertraglich vereinbart, aber nach Durchführung des Squeeze-outs nicht mehr vollzogen wird, wurde der tatsächliche Vollzug der Verschmelzung zur aufschiebenden Bedingung für die Wirksamkeit des Ausschlusses der Minderheitsgesellschafter gemacht.

Zudem müssen für einen verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out 90% der Aktien dem Hauptaktionär selbst gehören. Eine Zurechnung der Aktien, die von abhängigen Unternehmen oder Treuhändern gehalten werden, findet im Gegensatz zum aktien- oder übernahmerechtlichen Squeeze-out nicht statt. Es muss also zuvor eine Übertragung der Aktien auf den Hauptaktionär stattfinden.

Das verschmelzungsrechtliche Squeeze-out-Verfahren ist im Übrigen weitgehend an das aktienrechtliche angelehnt und nur in einigen Punkten modifiziert worden.

Es beginnt mit einem notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrag, in dem u. a. der Ausschluss der Minderheitsaktionäre festgelegt wird, sowie der Ermittlung der angemessenen Barabfindung. Innerhalb von drei Monaten muss der Hauptaktionär den Ausschluss der Minderheitsaktionäre durch einen Beschluss der Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft herbeiführen.

Dagegen ist ein Hauptversammlungsbeschluss über die Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag weitgehend entbehrlich. Von Seiten der übernehmenden Gesellschaft ist nach § 62 Abs. 1 und 2 UmwG ein Beschluss nur erforderlich, wenn ein oder mehrere Aktionäre, die zusammen 20% der Aktien der übernehmenden Gesellschaft halten, die Einberufung der Hauptversammlung verlangen. Von Seiten der übertragenden Gesellschaft ist nach dem neu eingefügtem § 62 Abs. 4 UmwG ebenfalls kein zusätzlicher Beschluss mehr notwendig, zumal sie mit dem Squeeze-out ohnehin zu 100% der übernehmenden Gesellschaft untersteht.

Anschließend werden die Vorgänge zum Handelsregister angemeldet. Mit Eintragung wird die Verschmelzung und damit auch der Squeeze-out wirksam.

In der juristischen Literatur wird dem verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out eine erhebliche praktische Bedeutung prophezeit. Gleichzeitig wird aber kritisiert, dass Spielraum für Missbrauch bleibt. So sind Gestaltungen denkbar, bei denen mit Hilfe vorgeschobener Konzernverschmelzungen auf die 90%-Grenze im Umwandlungsrecht zurückgegriffen wird, weil die Mehrheit für einen aktienrechtlichen Squeeze-out nicht erreicht wird.

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