Im Zusammenhang mit der aktuellen Finanzkrise sind zahlreiche Geldinstitute in die Kritik geraten. Im Fokus stehen insbesondere die Finanzmanager und Investmentbanker, die weitgehend für die Krise verantwortlich gemacht werden. In der Öffentlichkeit besteht daher häufig Unverständnis darüber, dass diese trotz der Finanzkrise umfangreiche Bonuszahlungen verlangen. Aber haben Bänker trotz gefühlter Ungerechtigkeit hierauf in der Krise einen Anspruch?
Die Vergütungssysteme haben sich stark verändert. Neben einem monatlichen Grundgehalt werden weitgehend auch variable Vergütungsbestandteile wie z. B. Boni, Tantiemen und Gratifikationen gezahlt. Bleiben solche Zahlungen aus, wird vermehrt der Arbeitgeber verklagt. Im Oktober hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) über Bonuszahlungen aus dem Jahr der Finanzkrise 2008 zu entscheiden. Diese Urteile dürften nicht nur für Banken richtungsweisend sein.
Bonuskürzung in Krisenzeiten
Geklagt hatte zunächst ein Investmentberater, dessen Arbeitsvertrag die Zahlung einer variablen Vergütung vorsah, die nach Ermessen der Bank jeweils im Frühjahr des Folgejahres für das vergangene Jahr entschieden wurde. Für die Mitarbeiter der Investmentsparte sollte ein Bonuspool von insgesamt 400 Mio. € zur Verfügung gestellt und verteilt werden. In diesem Zusammenhang erhielt der Mitarbeiter einen „Bonusbrief“, in dem sein Bonus für das Jahr 2008 vorläufig auf 172.500 € brutto festgesetzt wurde. Dieser enthielt den Hinweis, dass die vorläufige Bonusfestsetzung unter dem Vorbehalt eines Reviews für das Jahr 2008 stehe und der Betrag auch gekürzt werden könne. Tatsächlich erhielt der Mitarbeiter lediglich einen um 90% gekürzten Bonus, was mit einem negativen operativen Ergebnis von mehr als 6 Mrd. € begründet wurde. Der Mitarbeiter verlangte jedoch den vollen Bonus (vgl. PM Nr. 76/11 des BAG vom 12. 10. 2011, DB0459664). Die Klage blieb erfolglos. Das BAG verwies darauf, dass die Bank bei der Festsetzung des Bonus die Grundsätze billigen Ermessens (§ 315 BGB) zu berücksichtigen und diese ausreichend beachtet habe. Wegen der erheblichen Verluste sei es nicht unangemessen, den Bonus deutlich zu reduzieren.
Der Einzelfall ist entscheidend
Aus dem vorstehenden Urteil des BAG folgt nicht, dass Bonuskürzungen stets zulässig sind. Diese Möglichkeit hängt von der Zusage, dem Arbeitsvertrag oder von den geltenden betrieblichen Regelungen ab, was in einem ebenfalls vom BAG entschiedenen Fall deutlich wird.
Die Klägerin war ebenfalls für eine Bank tätig. Allerdings bestand bei dieser eine Betriebsvereinbarung über ein Bonussystem. Diese sah vor, dass zunächst der Vorstand der Bank über die Gewährung eines Bonuspools für das Kalenderjahr entscheidet. Aus den Regelungen der Betriebsvereinbarung ergibt sich dann die Höhe des individuellen Bonus. Der Vorstand ließ mitteilen, dass für das Kalenderjahr 2008 ein Bonuspool in Höhe von 100% des Bonusvolumens von 2007 zur Verfügung stehe, was für die klagende Mitarbeiterin eine Bonuszahlung in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt bedeutet hätte. Eine entsprechende Zahlung blieb jedoch aus. Stattdessen wurde die Arbeitnehmerin darüber informiert, dass es aufgrund der Ergebnissituation für 2008 keinerlei Bonuszahlungen geben werde. Stattdessen erhielt sie nur eine „freiwillige Anerkennungsprämie“ in Höhe von 1.000 €. Die Klage auf den vollen Bonus war in allen Instanzen erfolgreich. In der Entscheidung vom 12. 10. 2011 stellte das BAG fest, das sich der Arbeitgeber durch die Betriebsvereinbarung und die Zusage des Bonustopfes durch den Vorstand gebunden habe. Die Boni dürften vom Arbeitgeber trotz kritischer wirtschaftlicher Lage ohne Vereinbarung mit dem Betriebsrat in der Betriebsvereinbarung nicht reduziert werden (vgl. PM Nr. 76/11 des BAG vom 12. 10. 2011, DB0459664).
Das BAG hat mit den Urteilen bekräftigt, dass Arbeitgeber nicht unter allen Umständen zu Bonuszahlungen verpflichtet, an verbindliche Zusagen aber gebunden sind. Arbeitgeber haben durchaus die Möglichkeit, Sonderzahlungen vom Geschäftsergebnis oder von individuellen Leistungen der Mitarbeiter abhängig zu machen. Diese Möglichkeit muss aber bereits bei der Gestaltung und Einführung des Bonus festgelegt sein. Der Arbeitgeber, der Geld verbindlich zusagt, was er später nicht hat, bleibt trotz Krise gebunden.