Kein absoluter Gebietsschutz für Exklusivlizenzen im Satellitenfernsehen

RA Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery Belgium LLP, Brüssel

Im Oktober 2011 entschied der EuGH in den verbundenen Rechtssachen Football Association Premier League vs. QC Leisure und andere, C-403/08, und Karen Murphy vs. Media Protection Service Ltd, C-429/08 (AfP 2011 S. 462), dass territoriale Exklusivlizenzen für die Satellitenübertragung von Fußballspielen mit dem Unionsrecht grundsätzlich vereinbar sind. Darüber hinausgehende Beschränkungen für den Vertrieb und die Nutzung von Dekoderkarten, durch die ein absoluter Gebietsschutz und eine Marktaufteilung erreicht werden sollen, verstoßen aber nach der Entscheidung gegen das EU Kartellrecht. Nationale Gesetze, aufgrund derer solche Beschränkungen durchgesetzt werden könnten, verstoßen gegen die Dienstleistungsfreiheit.

Im Ausgangsverfahren für dem High Court of England and Wales ging es darum, dass die Football Association Premier League (FAPL) als Rechtinhaber Lizenznehmern das ausschließliche Recht zur Live-Übertragung der Fußballspiele im lizenzierten Sendegebiet gewährt. Die Lizenznehmer  sind dabei vertraglich verpflichtet, den Empfang der lizenzierten Sendungen außerhalb des lizenzierten Sendegebietes durch Verschlüsselung und Beschränkungen des Verkaufs und der Nutzung von Decoderkarten zu verhindern. Es stellte sich die Frage, ob FAPL dagegen vorgehen konnte, dass Pub-Besitzer in England importierte (billigere) Decoderkarten aus Griechenland erwarben, um Fußballspiele in ihren Pubs zu zeigen.

Die Generalanwältin Kokott hatte in ihren Schlussanträgen eine Ausweitung der Grundsätze der Rechtserschöpfung auf Urheberrechte suggeriert, was einer Revolution im Bereich der Fernsehübertragungsrechte gleichgekommen wäre. Der EuGH kam zu dem Schluss, dass die kartellrechtswidrigen Absprachen bzw. die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nicht durch den Schutz der Urheberrechte gerechtfertigt werden können. Dies begründet der EuGH aber nicht damit, dass diese Rechte „erschöpft“ waren, sondern mit einer sorgfältigen und fallbezogenen Auslegung der einschlägigen Richtlinien.

Nach der Kabel- und Satelliten-RL 93/83/EWG ist für die Ausstrahlung über Satellit nur erforderlich, dass das Sendeunternehmen über die erforderliche Senderecht im Sendeland verfügt. Der Rechteinhaber kann seine Rechte nach dem Urteil des EuGH dadurch verwerten, dass er die Lizenz für eine Ausstrahlung im Herkunftsland gegen eine angemessene Vergütung vergeben kann. Hinsichtlich der Vergütung kann der Rechteinhaber nach Auffassung des EuGH die Angemessenheit dadurch erreichen, dass die aktuelle und potentielle Zuschauerzahl, die Sprachfassung und letztlich auch die Ausschließlichkeit der Rechtevergabe berücksichtigt wird. Allerdings darf ein absoluter Gebietsschutz nicht berücksichtigt werden.

Entscheidend ist für die Analyse des EuGH weiter, dass er durch Auslegung der Art. 2 und 5 der Urheberrechts-RL 2001/29/EG zu dem Ergebnis kommt, dass für den Empfang der Sendung im Ausland keine eigene Genehmigung des Rechteinhabers erforderlich ist. Das Urheberrecht kann daher keine Rechtfertigung für eine zusätzliche Beschränkung mit dem Ziel absoluten Gebietsschutzes sein.

Die direkten Konsequenzen des EuGH-Urteils für die Fernsehübertragung sind wohl begrenzt. Allerdings betrifft das Urteil nicht nur Fußballspiele, sondern alle geschützten Inhalte. Weiterhin werden Rechteinhaber und Sendeunternehmen ihre Verträge daraufhin überprüfen müssen, ob kartellrechtswidrige Klauseln enthalten sind. Eine Anwendung des Urteils über das Satellitenfernsehen hinaus ist dagegen nicht offensichtlich, da das Herkunftslandsprinzip als lex specialis nur für das Satellitenfernsehen gilt. Das Urteil könnte aber die legislativen Initiativen auf EU-Ebene beeinflussen und damit indirekt zu einer weitreichenden Veränderung der TV-Sendelandschaft in Europa beitragen.

Kommentare sind geschlossen.