In das festgefahrene Gesetzgebungsverfahren zur Ausnahme von Kleinstunternehmen von EU-Bilanzregeln ist inzwischen Bewegung gekommen. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission hatte die Empfehlungen der Experten-Gruppe zum Bürokratieabbau (Stoiber-Gruppe) aufgegriffen. Kleinstunternehmen (laut Vorschlag wenn sie zwei von drei Kriterien nicht überschreiten: 500.000 € Bilanzsumme, 1 Mio. € Nettoumsatzerlöse, durchschnittlich 10 Arbeitnehmer im Geschäftsjahr) sollten komplett von den EU-Bilanzvorschriften (RL 78/660/EWG) befreit werden. Die Befreiung hätte dann noch von den Mitgliedstaaten an die Unternehmen weitergegeben werden müssen, da es sich um ein Wahlrecht der Mitgliedstaaten handelte.In erster Lesung hatte das Europäische Parlament den Kommissionsvorschlag mit fast 2/3-Mehrheit unterstützt. Ziel war es u. a., den Unternehmen die aufwendige doppelte Buchführung zu ersparen. Im Rat hat eine Sperrminderheit bestehend aus u. a. Frankreich, Italien, Spanien, Österreich, Belgien und Luxemburg den Entbürokratisierungsvorschlag lange Zeit blockiert.
Nunmehr haben Parlament und Rat einen Kompromiss in der zweiten Lesung gefunden. Leider ist von dem ursprünglichen Vorschlag fast nichts übrig geblieben. Die einzige Verbesserung für deutsche Kleinstunternehmen ist, dass sie den Jahreabschluss nicht mehr veröffentlichen müssen. Es ist aber nach wie vor ein vereinfachter Abschluss nach der doppelten Buchführung zu erstellen und beim Handelsregister einzureichen. Außerdem wurden die Schwellenwerte heruntergesetzt, so dass weniger Unternehmen von der an sich schon mageren Erleichterung profitieren. Um als Kleinstunternehmen qualifiziert werden zu können, darf ein Unternehmen zwei der drei Kriterien nicht überschreiten: Bilanzsumme 350.000 €, Nettoumsatzerlöse 700.000 €, durchschnittlich 10 Beschäftigte während des Geschäftsjahrs. Mitgliedstaaten müssen von den Erleichterungsmöglichkeiten keinen Gebrauch machen, da es sich weiterhin – wie im ursprünglichen Vorschlag der Kommission (s. o.) – um eine Mitgliedstaatenwahlrecht handelt. Es ist davon auszugehen, dass Deutschland die Veröffentlichungspflicht für Kleinstunternehmen entsprechend dem Verhandlungsergebnis streichen wird.
Die Einigung mit dem Rat wurde im Europäischen Parlament auf Ausschussebene erzielt. Die Abstimmung im zuständigen Rechtsausschuss wird im Dezember diesen Jahres sein. Die endgültige Abstimmung im Plenum (voraussichtlich Februar 2012) gilt als Formsache. Danach kann der Rat den Rechtsakt erlassen.