Functional Food oder Arzneimittel?

 

RA Peter Homberg, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff

Der vor allem von den USA und Japan ausgelöste Trend zu Functional Foods hält auch in Deutschland an. Lebensmittel mit Zusatznutzen sind bei den Verbrauchern gefragter denn je. Der Ursprung der Functional Foods liegt dabei in Japan, wo Functional Foods unter der Bezeichnung „Foshu“ (Food for specific health use) erstmals 1993 vermarktet wurden. In Deutschland und der Europäischen Union bestehen für die Produktgruppe der Functional Foods bisher weder eine verbindliche Definition noch spezifische rechtliche Rahmenbedingungen.

Allgemein anerkannt ist allerdings, dass es sich um Lebensmittel handelt, denen neben ihrem Nähr- und Genusswert durch die Zugabe bestimmter Nährstoffe oder Zutaten ein zusätzlicher gesundheitlicher Nutzen zukommt. Je nach dem zusätzlich verwendeten Inhaltsstoff, der den gesundheitlichen Nutzen eines Functional Foods herbeiführen soll, fällt eine eindeutige Zuordnung zu einer der beiden Produktkategorien schwer. So können beispielsweise gerade Produkte, die einen bestimmten Pflanzenextrakt enthalten, sowohl als Lebensmittel als auch als Arzneimittel angesehen werden.

Nach der maßgeblichen gesetzlichen Begriffsbestimmung in der sog. „Lebensmittel-Basis-Verordnung“ sind Lebensmittel Stoffe oder Erzeugnisse, „die dazu bestimmt sind, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand vom Menschen aufgenommen werden“. Nicht zu den Lebensmitteln gehören nach den gesetzlichen Vorgaben Arzneimittel. Damit kann ein Produkt entweder nur Lebensmittel oder nur Arzneimittel sein.

Für die funktionellen Lebensmittel bedeutet dies, dass ein Produkt, das auch Ernährungs- und Genusszwecken dient, nur dann kein Lebensmittel mehr ist und damit zum Arzneimittel wird, wenn feststeht, dass es hauptsächlich wegen seiner für den Arzneimittelbegriff maßgeblichen heilenden, lindernden oder krankheitsverhütenden Wirkung verzehrt wird. Die Zweckbestimmung ist dabei nach der objektiven Verkehrsauffassung zu beurteilen. Dabei spielt die Aufmachung des jeweiligen Produktes eine entscheidende Rolle. Insofern haben die Functional Foods gegenüber der Produktgruppe der Nahrungsergänzungsmittel den entscheidenden Vorteil, dass sie in der typischen Erscheinungsform von Lebensmitteln vermarktet werden.

Selbst wenn in der Werbung für ein funktionelles Lebensmittel der Eindruck in Richtung Heilung, Linderung oder Erkennung von Krankheiten erweckt wird, stellt sich in diesem Zusammenhang nicht die Frage nach der Abgrenzung von Lebensmitteln und Arzneimitteln, sondern vielmehr die Frage nach der Zulässigkeit der konkreten Werbung. So vermögen nach neuester Rechtsprechung selbst Werbeaussagen, die unter das Verbot krankheitsbezogener Werbung oder als Angaben zur Reduzierung eines Krankheitsrisikos in den Anwendungsbereich der sog. „Health-Claims-Verordnung“ fallen, nicht die Eigenschaft des Produkts als Arzneimittel zu begründen, wenn sie aus Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers für das Gesamtbild der Produktpräsentation nicht prägend sind.

Dies hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg für ein ausdrücklich als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnetes Produkt im Februar dieses Jahres entschieden (Urteil vom 3. 2. 2011 – 13 LC 92/09) . Für funktionelle Lebensmittel dürfte sich die Eigenschaft eines Produktes als Arzneimittel alleine auf Grund der getroffenen Werbeaussagen noch weniger als bei Nahrungsergänzungsmitteln herleiten lassen, da die funktionellen Lebensmittel auf Grund ihrer typischen Erscheinungsform in ihrer Aufmachung bedeutend weiter von einem Nahrungsergänzungsmittel entfernt sind als Arzneimittel.

Im Ergebnis kann daher davon ausgegangen werden, dass Functional Foods als Lebensmittel qualifiziert werden können, solange sie in den klassischen Erscheinungsformen eines Lebensmittels auf den Markt gebracht werden. In diesen Fällen kann gut argumentiert werden, dass der Ernährungs- oder Genusszweck im Verhältnis zu dem beabsichtigten Zusatznutzen für die Gesundheit überwiegt oder zumindest gleichrangig ist.

Um eine höhere Rechtssicherheit für die Lebensmittelunternehmen zu erzielen, wäre es allerdings wünschenswert, dass der deutsche und/oder europäische Gesetzgeber einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen für Functional Foods sowie klare Kriterien für eine Abgrenzung der Functional Foods von anderen Produktkategorien wie Arzneimitteln schaffen würde.

Kommentare sind geschlossen.