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Das Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Regelungen (BGBl. 2011 Teil I, 1554) ist am 4. 8. 2011 in Kraft getreten. Neben weiteren, viel diskutierten Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) wurde eine Änderung im § 19 Abs. 2 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) in das Gesetz aufgenommen. Diese verdient eine nähere Betrachtung, führt sie doch – neben EEG-Belastung und KWK-Aufschlag – zu einer weiteren „§19-Umlage“, die letztlich auf die Letztverbraucher weitergewälzt und dadurch generell die Stromkosten ansteigen lassen wird.
- § 19 Abs. 2 StromNEV sieht in der seit dem 4. 8. 2011 geltenden Fassung die Möglichkeit der Vereinbarung von individuellen Netzentgelten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 StromNEV) oder die Befreiung von den Netzentgelten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV) vor. Die Vereinbarung eines individuellen Netzentgelts wie auch die Befreiung von den Netzentgelten bedarf der Genehmigung der Regulierungsbehörde. Darüber hinaus sind die Betreiber von Übertragungsnetzen verpflichtet, entgangene Erlöse, die aus individuellen Netzentgelten und Befreiungen von den Netzentgelten entstehen, nachgelagerten Betreibern von Elektrizitätsverteilernetzen zu erstatten; § 9 KWKG findet entsprechende Anwendung.
Die konkreten Tatbestandsvoraussetzungen wurden durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) bereits in einem Leitfaden konkretisiert – danach ist zwischen einer „Netznutzung in besonderen Zeiten“ und einer „intensiven Netznutzung“ zu unterscheiden:
Netznutzung in besonderen Zeiten
Eine atypische Netznutzung liegt vor, wenn der Höchstlastbeitrag des einzelnen Letztverbrauchers „vorhersehbar und erheblich“ von der Jahreshöchstlast der bestimmten Spannungsebene abweicht. Sofern die Voraussetzungen gegeben sind, hat der Netznutzer Anspruch auf ein reduziertes Entgelt in Höhe von maximal 80% der regulären Netzentgelte.
Intensive Netznutzung
Die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV ermöglicht es für stromintensive Letztverbraucher, die eine Benutzungsstundenzahl von größer 7.000 Stunden und einen Verbrauch von mehr als 10 GWh nachweisen, eine grundsätzliche Befreiung von den Netzentgelten zu erlangen. Ursprünglich war diskutiert worden, ebenfalls unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen in den Anwendungsbereich von § 19 Abs. 2 StromNEV aufzunehmen. Hiervon hat die BNetzA nunmehr wieder Abstand genommen.
Nach den Vorgaben von § 19 Abs. 2 Satz 3 bedürfen die Vereinbarung eines individuellen Netzentgelts wie auch die Befreiung von den Netzentgelten der Genehmigung der Regulierungsbehörde, wobei das Gesetz zum Zeitpunkt der Antragstellung für die Genehmigung keine genaue Maßgabe enthält.
Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 7 StromNEV i. V. mit § 9 Abs. 7 KWKG hat der finanzielle Belastungsausgleich in Analogie zum Wälzungsmechanismus nach dem KWKG zu erfolgen. Hinsichtlich der Umsetzung hat die BNetzA von der Möglichkeit einer Festlegung gemäß § 29 EnWG Gebrauch gemacht.
Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung des Entwurfs der Festlegung der BNetzA wurden hinsichtlich der Höhe der zu erwartenden Umlage Prognosen getroffen. So errechneten die Übertragungsnetzbetreiber für 2012 eine Umlagenhöhe von mehr als 0,6 ct/kWH. Durch den Wegfall der unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen bei der Ermittlung der „§ 19-Umlage“ dürfte dieser nunmehr bei „nur“ 0,15 ct/kWh liegen.
Der Ausgleichsmechanismus nach § 19 Abs. 2 StromNEV wird im Ergebnis zu einer weiteren bundesweiten Umlage führen. Daher muss die Frage aufgeworfen werden, wie Energieversorgungsunternehmen die neue „§ 19-Umlage“ an die Letztverbraucher weiter reichen können. Aufgrund der Höhe der zu erwartenden „§ 19-Umlage“ wird die Notwendigkeit bestehen, die Umlage unmittelbar an den Letztverbraucher weiterzugeben. Im Ergebnis wird man auf der Basis der dort aufgestellten Grundsätze – mit den Differenzierungen zwischen der Gruppe der grundversorgten Kunden und der Sonderkunden – sowohl wirtschaftlich aber auch juristisch gut „kalkulieren“ müssen.