Anspruch auf Weihnachtsgratifikation bei gekündigtem Arbeitsverhältnis – BAG sorgt für Klarheit

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Immer wieder kommt in der betrieblichen Praxis die Frage auf, ob es zulässig ist, in Arbeitsverträgen die Zahlung von Sonderzuwendungen – wie z.B. einer Weihnachtsgratifikation – davon abhängig zu machen, dass das Arbeitsverhältnis an einem bestimmten Stichtag, häufig das Ende des Kalenderjahres, noch ungekündigt besteht. Generell ist mit Blick auf die Frage der Wirksamkeit einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Klausel nach dem mit der Sonderzuwendung verbundenen Leistungszweck zu differenzieren. 

Sofern die Einmalzahlung nur dem Zweck dient, die vom Arbeitnehmer erbrachten Leistungen zu honorieren, besteht ein nicht ausschließbarer anteiliger Zahlungsanspruch, da der Leistungszweck zumindest zum Teil erbracht wurde. Ein anteiliger Zahlungsanspruch kann hingegen ausgeschlossen werden, wenn der Arbeitgeber mit der Sonderzuwendung allein die Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnen will. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer nämlich die bezweckte Leistung, d.h. die Erbringung der Betriebstreue bis zum Stichtag, nicht erbracht. 

Nunmehr sorgt das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 18. 1. 2012, DB0465049 für noch weitergehende Klarheit.

 Der Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation könne vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig gemacht werden. Voraussetzung hierfür sei, dass nicht die Vergütung von Arbeitsleistungen bezweckt ist. Es komme aber nicht zusätzlich darauf an, wer das Arbeitsverhältnis gekündigt habe. Eine entsprechende Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen – um solche handelt es sich regelmäßig bei vorformulierten Arbeitsverträgen – halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. 

Der zitierten Entscheidung des BAG, von der derzeit nur eine Pressemitteilung vorliegt, nicht jedoch der Volltext, liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 

Die klagende Arbeitnehmerin, deren Arbeitsverhältnis der Arbeitgeber mit Schreiben vom 29. 11. 2009 zum 31. 12. 2009 gekündigt hat, verlangte vom Arbeitgeber die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag enthielt eine Regelung, wonach die Arbeitnehmerin mit ihrer monatlichen Fixvergütung jeweils für den Monat November eine Weihnachtsgratifikation erhält. Darüber hinaus war in dem Arbeitsvertrag geregelt, dass der Anspruch auf Gratifikation ausgeschlossen ist, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung in gekündigtem Zustand befindet. 

Mit dem zitierten Urteil positioniert sich das BAG gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte mit Urteil vom 16. 9. 2010 der Klage der Arbeitnehmerin stattgegeben. Zur Begründung führte das LAG Hamm aus, die Klausel im Arbeitsvertrag, die den Anspruch der Arbeitnehmerin auf Weihnachtsgratifikation ausschließe, differenziere nicht zwischen einer vom Arbeitgeber und einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung. Sie stelle auch nicht darauf ab, ob der Grund für die Kündigung im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers liege, wie dies bei einer Kündigung aus betrieblichen Gründen der Fall sei. Eine arbeitsvertragliche Regelung, die ohne Differenzierung danach, ob der Grund für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers liege, den Anspruch auf eine Gratifikation entfallen lasse, benachteilige den Arbeitnehmer gegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei damit gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. 

Dieser Rechtsauffassung tritt das BAG entgegen und führt aus, es sei allein abhängig von dem mit der Zuwendung verfolgten Zweck, ob die Zahlung einer Sonderzuwendung unter die Bedingung des ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt gestellt werden könne. Knüpfe die Zahlung – wie im vorliegenden Fall – nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, sei eine entsprechende Klausel mit der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB zu vereinbaren und halte einer Inhaltskontrolle stand. 

Da die klagende Arbeitnehmerin behauptet habe, ihr sei gekündigt worden, weil sie nicht freiwillig auf die Zahlung der Weihnachtsgratifikation verzichtet habe, habe das LAG Hamm – an welches das BAG die Sache zurückverwiesen hat – aufzuklären, ob der Eintritt der Bedingung vom Arbeitgeber treuwidrig herbeigeführt wurde und deshalb nach § 162 Abs. 2 BGB als nicht erfolgt gelte.

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