Die Zwangseinziehung von GmbH-Geschäftsanteilen stellt die die Einziehung betreibenden Gesellschafter immer wieder vor ganz erhebliche Hürden. Davon liegen zwei ganz wesentliche Problempunkte im Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters begründet: Zunächst muss die Gesellschaft in der Lage sein, den zu zahlenden Betrag aus freien Mittel zu leisten, die nicht der Kapitalbindung des § 30 Abs. 1 GmbHG unterliegen (§ 34 Abs. 3 GmbHG). Andernfalls ist der Einziehungsbeschluss bereits entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig. Ferner gingen die Rechtsprechung und weite Teile der schreibenden Fachwelt über Jahrzehnte davon aus, dass die Zahlung unter Beachtung dieser Vorgabe auch tatsächlich erfolgen muss, damit der Beschluss überhaupt wirksam wird.
Die Notwendigkeit dieser Anforderung hatte eine Reihe von Autoren bereits länger bezweifelt. Der BGH hat nun mit Urteil vom 24. 1. 2012 – II ZR 109/11, DB 2012 S. 504 entschieden, dass ein (nicht nichtiger) Einziehungsbeschluss bereits mit seiner Bekanntgabe gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter wirksam wird. Der II. Zivilsenat erleichtert damit die Einziehung von Geschäftsanteilen und das Loswerden unliebsamer Gesellschafter ganz erheblich.
Bereits die ältere Rechtsprechung (RGZ 142 S. 286 [290]) hatte im Zusammenhang mit der Leistung der Abfindung von einer gesetzlichen Bedingung gesprochen. Daraus machten nachfolgende Generationen von Fachleuten die aufschiebende Bedingung einer unter § 30 Abs. 1 GmbHG zulässigerweise erfolgten Abfindungszahlung, wenngleich das Reichsgericht damit möglicherweise missverstanden worden ist, denn es sprach nur davon, dass „ die Auskehrung des Entgelts unter Beachtung des § 30 Abs. 1, § 34 Abs. 3 GmbHG zu erfolgen habe und nach den finanziellen Verhältnissen der Gesellschaft tatsächlich auch so geschehen könne“. Der BGH hatte dann für den Fall eines Ausschließungsurteils die Leistung an den ausscheidenden Gesellschafter explizit zur Bedingung gemacht (BGH-Urteil vom 1. 4. 1953 – II ZR 235/52, BGHZ 9 S. 157 (173) = DB 1953 S. 373). Hintergrund hierfür ist der Schutz des Abfindungsanspruchs des Ausscheidenden. Demgegenüber stehen jedoch auch erhebliche Nachteile für die Gesellschaft und die verbleibenden Gesellschafter, insbesondere die Rechtsunsicherheit, die darin liegt, dass der ausscheidende Gesellschaft noch seine Gesellschafterrechte innehat, bis die Gesellschaft neben einer ausreichenden Rücklage auch die Liquidität hat, die Abfindung vollständig zu zahlen. Dies kann – oft schon aufgrund entsprechender Satzungsregelungen – Jahre dauern. Andernfalls müssten die die Einziehung betreibenden Gesellschafter der Gesellschaft – sofern möglich und unter Inkaufnahme aller damit verbunden Risiken – Liquidität zuführen.
Im Ergebnis ist es daher völlig richtig, wenn der BGH nun feststellt, dass Einziehungsbeschlüsse bedingungsfrei sind. § 34 Abs. 3 solle i. V. mit § 30 Abs. 1 GmbHG Gläubigerinteressen schützen, nicht den Abfindungsanspruch ausscheidender Gesellschafter.
Den Betroffenen gibt der BGH hingegen einen – auf Treu und Glauben gestützten – unmittelbaren anteiligen Haftungsanspruch gegen die die Einziehung betreibenden Gesellschafter. Somit bleibt aus Sicht der Beratungspraxis nur noch zu hoffen, dass der BGH bei nächster Gelegenheit die Rechtsgrundlage für den Anspruch etwas genauer aufarbeitet.