Supranationale Rechtsformen: Neue Pläne für die Europäische Stiftung

RA Horst Grätz, Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

Die Europäische Kommission hat am 8. 2. 2012 einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates der Europäischen Union veröffentlicht, durch die eine Europäische Stiftung (Fundatio Europaea – „FE“) als supranationale europäische Rechtsform geschaffen werden soll.

Die Idee zur Schaffung einer Europäischen Stiftung ist nicht unbedingt neu. Der Gedanke einer eigenständigen europäischen Rechtsform wird seit längerem für diverse Gesellschaftsformen diskutiert. Umgesetzt wurde davon bereits die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea – „SE“), die Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – „SCE“) sowie die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung („EWIV“). Geplant ist auch die Einführung der Europäischen Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea – „SPE“) für kleinere und mittlere Unternehmen. Die Umsetzung hat sich jedoch aufgrund von Meinungsverschiedenheiten der Mitgliedstaaten immer wieder verzögert.

Für gemeinnützige Stiftungen war man sich hingegen lange unschlüssig, ob es einer supranationalen Rechtsform überhaupt bedarf. Der jetzt veröffentlichte Verordnungsvorschlag basiert auf zwei öffentlichen Konsultationen sowie einer Machbarkeitsstudie. Die öffentliche Konsultation befasste sich u. a. mit der Ermittlung der Schwierigkeiten von grenzüberschreitend tätigen Stiftungen in der Praxis und den Auswirkungen auf das Verhalten von Geldgebern und Spendern.

Im Zuge dessen wurde festgestellt, dass tatsächlich ein Bedürfnis nach einer Europäischen Stiftung besteht. Derzeit wird nämlich die grenzüberschreitende Tätigkeit von gemeinnützigen nationalen Stiftungen durch die unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen in den Mitgliedstaaten erschwert. Wollen Stiftungen ihren Tätigkeitsbereich ausweiten, benötigen sie häufig eine umfassende Rechtsberatung, um die diversen rechtlichen und administrativen Anforderungen im jeweiligen Mitgliedsstaat einhalten zu können. Bereits über die Anerkennung ihrer Gemeinnützigkeit im Ausland besteht häufig keine Gewissheit. Dies wiederum verursacht einen Kostenaufwand, der auf manche Stiftung abschreckend wirkt, zumal ihr dadurch weniger Geld für ihre eigentliche gemeinnützige Tätigkeit zur Verfügung steht. Aber auch für potenzielle Geldgeber existieren gewisse Barrieren, da sie mit ausländischen Stiftungen wenig vertraut sind und sich unsicher sind, ob ihre Zuwendung steuerbegünstigt ist.

Neben der Einführung einer gesonderten europäischen Rechtsform zog die Europäische Kommission als Handlungsoptionen u. a. eine Informationskampagne über Rechte und Pflichten oder auch eine Teilharmonisierung des Stiftungsrechts in Betracht. Die Folgenabschätzung ergab jedoch, dass die Einführung der Europäischen Stiftung am besten geeignet ist, die grenzüberschreitenden Tätigkeiten von Stiftungen zu erleichtern.

Durch die Einführung der Europäischen Stiftung sollen Kostenbarrieren abgebaut und bestehende rechtliche und administrative Unsicherheiten behoben werden. Die Europäische Stiftung soll in allen Mitgliedstaaten Rechtspersönlichkeit haben und handlungsfähig sein. Gelder sollen innerhalb der EU leichter transferiert werden können und dadurch der Aktionsradius der Stiftung leichter erweiterbar sein. Für Geldgeber soll die Europäische Stiftung als eine Art europäisches Gütesiegel fungieren, das ihr Ansehen verleiht und damit für den Geldgeber ein Zeichen für Vertrauenswürdigkeit darstellen soll. Des Weiteren sollen Europäische Stiftungen dem gleichen Steuerrecht wie inländische Stiftungen unterliegen. Ihre Geldgeber sollen dieselben Steuervorteile genießen wie bei einer Spende an eine Stiftung mit Sitz in ihrem eigenen Mitgliedsstaat. Insgesamt verfolgt der Verordnungsvorschlag damit nach eigenen Worten der Kommission das hehre Ziel, dass effektiv mehr Mittel für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stehen, die wiederum den europäischen Bürgern sowie der Wirtschaft zugute kommen.

Der Verordnungsvorschlag setzt für die Europäische Stiftung voraus, dass die gemeinnützige Einrichtung in mindestens zwei Mitgliedstaaten tätig ist oder dies zumindest beabsichtigt, bei Gründung über ein Mindestkapital von 25.000 € verfügt und einen der in dem Verordnungsentwurf abschließend aufgezählten Stiftungszwecke verfolgt. Die Gründung ist möglich durch Verfügung von Todes wegen, notarielle Urkunde oder schriftliche Erklärung. Auch eine Verschmelzung oder Umwandlung bestehender nationaler gemeinnütziger Einrichtungen ist zulässig.

Des Weiteren enthält der Verordnungsvorschlag Vorgaben für die Gründung und Registereintragung der Europäischen Stiftung, ihren Aufbau, Satzungssitz bzw. Sitzverlegung, die Beendigung, die Arbeitnehmerbeteiligung, die steuerliche Behandlung sowie die mitgliedstaatliche Aufsicht.

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