Der BGH hat mit Urteil vom 14. 5. 2012 – II ZR 69/12, DB 2012 S. 1565) entschieden, dass Gründungsgesellschafter, die sich zu den vertraglichen Verhandlungen über den Beitritt von Anlegern zu einer Fondsgesellschaft eines Vertriebs bedienen und diesem oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlassen, für deren unrichtige oder unzureichende Angaben haften. Dies gilt auch dann, wenn der Prospekt eine hinreichende Aufklärung der Beitrittsinteressenten enthält.
Im entschiedenen Fall hatte der Anlagevermittler gegenüber den Beitrittsinteressenten erklärt, dass die Anlage eine gute Rentenanlage sei, die todsicher eine gute Rendite erwirtschaften würde und keinerlei Risiken aufweise. Dass diese Information fehlerhaft war, war unbestritten.
Das OLG München hatte die Haftung der Gründungsgesellschafter noch mit der Begründung abgelehnt, dass der Vermittler nicht Erfüllungsgehilfe der Gründungsgesellschafter gewesen sei, da sich dessen Tätigkeit nicht als eine von ihnen gewollte Mitwirkung bei der Vertragserfüllung dargestellt habe.
Zudem hätten die Gründungsgesellschafter zwar irreführende Angaben von Mitarbeitern des Vertriebs richtigzustellen; dies setze jedoch voraus, dass ihnen ein solcher Umstand bekannt gewesen sei, was im entschiedenen Fall nicht vorgelegen habe.
Beide Begründungen hat der BGH nicht gelten lassen. Zunächst stellte er noch einmal klar, dass Gründungsgesellschafter die Pflicht haben, Beitrittsinteressenten für ihre Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und sie über alle Umstände, die für ihre Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären. Sodann führte der BGH fort, dass Gründungsgesellschafter, die sich zu den vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines Vertriebs bedienen und diesem oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlassen, über § 278 BGB für deren unrichtige oder unzureichende Angaben haften.
Nach dem Urteil des BGH schließt insbesondere die Verwendung eines Prospekts zur Aufklärung der Beitrittsinteressenten es nicht aus, unzutreffende Angaben des Vermittlers den Gründungsgesellschaftern zuzurechnen. Ein hinreichend aufklärender Prospekt sei nämlich kein Freibrief, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt für die Entscheidung des Anlegers entwerte oder mindere. Das Berufungsgericht hatte insbesondere verkannt, dass nicht nur für vom Vermittler verschuldete Aufklärungsmängel in Bezug auf etwaige Prospektfehler oder für eine unterlassene Richtigstellung bekannt gewordener irreführender Angaben des Vermittlers gehaftet wird, sondern auch für Pflichtverletzungen eines Vermittlers, wenn dieser von den Weisungen abweicht, solange sein Handeln noch im Zusammenhang mit den ihm übertragenen Aufgaben steht. Wichtig ist, dass dies nicht nur für unmittelbar eingeschaltete Vermittler gelten soll, sondern auch für Untervermittler, solange mit ihrem Einsatz gerechnet werden muss.
Nicht zuletzt ist hervorzuheben, dass der BGH erneut bestätigt hat, dass in Prospekthaftungs- und Anlageberatungsfällen eine grob fahrlässige Unkenntnis i. S. von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Allgemeinen nicht schon dann vorliegt, wenn sich die für die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung notwendigen Informationen aus dem Anlageprospekt ergeben, der Anleger es aber unterlassen hat, durch die Lektüre des Prospekts die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters oder ‑vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren.
Den Gründungsgesellschaftern kann daher nur empfohlen werden, bei der Auswahl und Überwachung ihrer Anlagevermittler – auch im Hinblick auf etwaige Untervermittler – höchste Sorgfalt walten zu lassen.