Sanierungspläne systemrelevanter deutscher Banken

RA Dr. Berthold Kusserow, LL.M. (McGill), Partner, Allen & Overy LLP, Frankfurt/M.

Bis zum 30. 11. 2012 konsultiert die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Entwurf eines Rundschreibens zu den „Mindestanforderungen an die Ausgestaltung von Sanierungsplänen“ (MaSan). Das Schreiben richtet sich an systemrelevante deutsche Kreditinstitute und deutsche Tochterbanken ausländischer systemrelevanter Institutsgruppen. Die betroffenen Institute erhalten (bzw. erhielten) von der BaFin eine Aufforderung, Sanierungspläne zu erstellen.

Grundlage der Konsultation ist das am 4. 11. 2012 durch die Staats- und Regierungschefs der G20 verabschiedete und vom Financial Stability Board (FSB) erarbeitete Papier zu den Kernelementen für ein effizientes Abwicklungsregime. Es empfiehlt u. a., Sanierungspläne zu entwickeln und regelmäßig zu aktualisieren. Bislang war geplant, die Vorgaben des Papiers zum 1. 1. 2013 durch das CRD IV-Umsetzungsgesetz in nationales Recht zu überführen. Im Vorfeld hierzu stützt die BaFin ihre Konsultation nunmehr jedoch auf die seit langem im Kreditwesengesetz enthaltenen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation.

Ziel des Sanierungsplans ist es, vor dem Hintergrund potenzieller Belastungsszenarien Handlungsoptionen zu identifizieren, um die Finanzkraft des Instituts aus eigener Kraft zu verbessern, d. h. ohne außerordentliche staatliche Unterstützung.

Dabei umfassen die im Sanierungsplan darzustellenden Handlungsoptionen eine Rekapitalisierung des Instituts, Kapitalerhaltungsmaßnahmen (z. B. Aussetzung von Dividendenzahlungen), die Sicherstellung von Refinanzierungsquellen (z. B. durch Bewertung potenzieller Sicherheiten), Liquiditätsmaßnahmen, aber auch den Abbau von Aktiva, z. B. durch Verkauf risikogewichteter Aktiva. Die Handlungsoptionen sind anhand einer Belastungsanalyse zu validieren, die unternehmens- und gruppenspezifische Belastungsszenarien wie idiosynkratische und marktweise Stressszenarien umfasst. Voraussichtlich wird die BaFin jedem Institut bestimmte Belastungsszenarien vorgeben.

Der Belastungsanalyse geht eine strategische Analyse der Unternehmensstruktur, der Geschäftsaktivitäten sowie externer und interner Vernetzungen voraus. In diesem Zusammenhang sind alle wesentlichen und systemrelevanten Geschäftsaktivitäten zu identifizieren. Systemrelevant ist eine Geschäftsaktivität, wenn deren Abbruch oder ungeordnete Abwicklung sich in erheblicher Weise negativ auf den Finanzsektor, die Finanzmärkte oder das allgemeine Vertrauen der Einleger und Marktteilnehmer auswirkt. Wesentlich sind solche Geschäftsaktivitäten, die die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Instituts oder der Gruppe wesentlich beeinflussen können. Die Geschäftsaktivitäten sind einzelnen Gruppenunternehmen bzw. Niederlassungen zuzuordnen (Mapping).

Belastungsanalyse und Handlungsoptionen bilden die Grundlage der Ermittlung von Sanierungsindikatoren. Tritt ein Sanierungsindikator ein, soll dies nicht automatisch eine Sanierungsoption auslösen. Das Institut ist dann jedoch verpflichtet, sich für die Umsetzung einzelner oder mehrerer Optionen zu entscheiden. In die Entscheidung sind Geschäftsleiter und Aufsichtsrat einzubinden. Unklar erscheint, wie in diesem Zusammenhang auftretende Interessenkonflikte (z. B. zwischen Gruppen- und Institutsinteressen) haftungsneutral aufzulösen sind.

Darüber hinaus sind Sanierungsoptionen so zu legen, dass sie ganz am Anfang einer sich abzeichnenden Schieflage stehen. Nach Auffassung der BaFin sollen sie bereits dann eingreifen, wenn die Aufsicht noch nicht einschreiten darf.

Inhalte und Erkenntnisse aus dem Sanierungsplan werden Grundlage des Abwicklungsplans, den die BaFin parallel erstellt. Dort legt die BaFin dar, wie ein Institut – dessen Sanierungsplan versagt hat – durch hoheitliche Maßnahmen restrukturiert, d. h. im Wesentlichen zerschlagen werden kann. Der Abwicklungsplan wird daher die Vorgaben und Parameter für den Erlass einer Übertragungsanordnung enthalten. Somit erhält das Instrument der Übertragungsanordnung künftig voraussichtlich mehr Gewicht. Vor dem Hintergrund fehlender Erfahrungswerte und erheblicher rechtlicher Rechtsunsicherheiten beim Erlass von Übertragungsanordnungen erscheint es jedoch wünschenswert, auch alternative Abwicklungsszenarien gegenüber der Übertragungsanordnung zu berücksichtigen und diesen im Abwicklungsplan – soweit möglich – Vorrang zu gewähren.

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