Die Bundesregierung hat am 6. 2. 2013 den „Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen“ vorgelegt. Der Entwurf ist der vorläufige Kulminationspunkt der Reformbestrebungen zur Abwendung und Bewältigung von Bankenkrisen in Deutschland. Die Bundesregierung greift damit Diskussionsvorschläge der Liikanen-Expertengruppe vom Oktober 2012 auf, die die Abtrennung spekulativer Handelsgeschäfte von Einlagenkreditinstituten gefordert hatte. Zugleich setzt das Vorhaben die vom Financial Stability Board 2011 veröffentlichten Prinzipien der Sanierungs- und Abwicklungsplanung um, auf die sich die G20 geeinigt haben. Darüber hinaus soll die Verletzung von Mindeststandards im Risikomanagement durch Geschäftsleiter im Falle der Bestandsgefährdung eines Instituts unter Strafe gestellt werden.
Nach Glass-Steagall, Volcker, Vickers und Liikanen
In den USA waren unter der Glass-Steagall-Gesetzgebung Investment Banking und Commercial Banking jahrzehntelang getrennt. Seit dem Beginn der Finanzkrise ist die Debatte über ein mehr oder weniger ausgeprägtes Trennbankensystem wieder aufgeflammt, obwohl im Fall Lehman Brothers gerade keine Universalbank gescheitert war. Seitdem gibt es eine ganze Kette von Regulierungsansätzen: In den USA wird der Eigenhandel (proprietary trading) von Banken, die gesicherte Einlagen verwalten, durch die sog. Volcker Rule verboten. Dem britischen Unterhaus wurde gerade ein von der Vickers-Kommission inspirierter Gesetzentwurf vorgelegt, der die Abtrennung (ring-fencing) des Einlagengeschäfts von anderen Bankaktivitäten vorschreibt. Dasselbe Ziel, aber auf umgekehrtem Weg, verfolgen die Reformvorschläge der Liikanen-Gruppe, die Banken mit besonders bedeutenden Handelsaktivitäten zur Abtrennung ihrer Eigenhandels- und Market-Making-Tätigkeiten in eine selbstständige Einheit zwingen wollen. Die derzeit in Paris und Berlin debattierten Gesetzentwürfe, die sich im Grundsatz an diese Vorschläge anlehnen, belassen allerdings in der Tendenz das Market Making in der Universalbank.
Abtrennung von Handelsaktivitäten
Die Bundesregierung fordert die Abtrennung von drei Geschäftstypen: erstens Eigengeschäfte, d. h. Handel in Wertpapieren und sonstigen Finanzinstrumenten, der nicht als Dienstleistung für Kunden ausgeführt wird, zweitens Kredit- und Garantiegeschäfte mit Hedgefonds und ausländischen alternativen Investmentfonds und drittens den sog. „Hochfrequenzhandel“, bei dem eine Vielzahl von Orders in Finanzinstrumenten computergestützt in kurzer Zeit generiert werden, mit Ausnahme von Market-Making-Tätigkeiten. Diese drei Geschäftstypen sind Instituten, die Einlagen- und Kreditgeschäft betreiben, oder Unternehmen einer Gruppe, der solche Institute angehören, verboten und müssen künftig ausgelagert werden. Das Verbot gilt indes nur, wenn zum jeweils letzten Abschlussstichtag entweder die Positionen des Instituts bzw. der Gruppe, die dem Handelsbestand und der Liquiditätsreserve oder nach IFRS den Kategorien „Held for trading“ und „Available for sale“ zuzuordnen sind, einen Wert von 100 Mrd. € oder bei Instituten bzw. Gruppen mit einer Bilanzsumme von mindestens 90 Mrd. € 20% der Bilanzsumme übersteigen. Ausdrücklich ausgenommen vom Verbot sind Geschäfte zur Absicherung von Kundentransaktionen, Geschäfte zur Zins-, Währungs- und Liquiditätssteuerung und langfristig angelegte Beteiligungen. Die BaFin soll darüber hinaus eine weitreichende Befugnis erhalten, auch Geschäfte im Rahmen des Market Making zu verbieten, wenn sie die Solvenz eines Instituts bedrohen. Die verbotenen Geschäfte sind bis Mitte 2015 in ein neues Finanzhandelsinstitut zu überführen, das schon bis Mitte 2014 als selbstständiges Gruppenunternehmen mit separater Refinanzierung und eigenständiger Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung zu gründen ist.
Einschnitt ins Universalbanksystem
Die Diskussion über diesen Einschnitt in das kontinentaleuropäische Universalbanksystem hat gerade erst begonnen. Zu diskutieren sind u. a. die Untersagung von Geschäften mit Hedgefonds – anders etwa als in Frankreich vorgesehen – selbst bei Besicherung und mit gruppenfremden Fonds, das Verbot langfristiger Anlagen in Renten, die Ausgrenzung des Handels mit Finanzinstrumenten aus gruppeneigenen Emissionen und die definitorische Abgrenzung des Market Making, um nur einige zu nennen. Redaktionell sollte jedenfalls klargestellt werden, dass sich die Ausnahme der Market-Making-Tätigkeiten nicht nur auf den Hochfrequenzhandel erstreckt, sondern allgemein gilt. Diese kleinen und großen offenen Fragen berühren letztlich die Standortfrage für Handelsaktivitäten sowie insgesamt den Zuschnitt und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Universalbanken, deren Regulierung bereits durch anstehende Änderungen in den Bereichen Eigenmitteln, Liquidität und Refinanzierung erheblich intensiviert wird. Zu bedenken ist auch, dass die derzeitige Position der Bundesregierung in einer Reihe von Punkten wie z. B. zu Hedgefonds oder Langfristinvestments strenger ausfällt als etwa die Vorgaben der US-amerikanischen Volcker Rule oder der derzeit im französischen Parlament debattierte Gesetzentwurf. Unabhängig vom Ausgang der Debatte im Bundestag muss die Diskussion auf EU-Ebene abgewartet werden, um zu sehen, ob eine deutsche Regelung später an EU-Vorgaben angepasst werden muss.