Mit einem ganzen Bündel an Rechtsfragen zur Leiharbeit hatte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 13. 3. 2013 zu befassen. In fünf Verfahren ging es um Equal Pay für Leiharbeitnehmer. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verpflichtet in § 10 Abs. 4 Satz 1 Verleiher u. a. dazu, ihren Leiharbeitnehmern für die Zeit ihrer Überlassung diejenige Vergütung zu zahlen, die vergleichbare Arbeitnehmer beim Entleiher erhalten (Equal Pay). Von diesem Gleichbehandlungsgebot dürfen Verleiher nur abweichen, wenn auf die Arbeitsverhältnisse mit ihren Leiharbeitnehmern Tarifverträge anwendbar sind und wenn diese Tarifverträge niedrigere Löhne vorsehen. Um eine solche Abweichung von der Equal Pay-Verpflichtung herbeizuführen, reicht es nach § 9 Nr. 2 AÜG aus, wenn ein Verleiher arbeitsvertraglich auf Tarifverträge mit schlechteren Arbeitsbedingungen Bezug nimmt und die Leiharbeitsverhältnisse in den tarifvertraglichen Geltungsbereich fallen.
Diese rechtliche Gestaltungsmöglichkeit hatten sich viele Verleiher in der Vergangenheit zunutze gemacht und sich in ihren Arbeitsverträgen auf die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice-Agenturen (CGZP) bezogen. Die Tarifverträge der CGZP enthielten häufig deutlich niedrigere tarifliche Mindeststundenlöhne als andere Branchentarifverträge und erlaubten dadurch den Verleihern ein wirtschaftlicheres Agieren. So belief sich beispielsweise der CGZP-Tariflohn der Klägerin in dem Verfahren 5 AZR 954/11 auf 6,15 € während vergleichbare Stammarbeitnehmer in dem Entleihbetrieb, in dem sie eingesetzt waren, 12,84 € pro Stunde verdienten.
Bereits im Dezember 2010 hatte das BAG jedoch der CGZP die Tariffähigkeit abgesprochen (1 ABR 19/10, DB 2011 S. 593). Dies nahmen Tausende von Leiharbeitnehmern zum Anlass, ihre Arbeitgeber auf die Differenzvergütung zwischen den niedrigeren CGZP-Tariflöhnen und den höheren Vergleichslöhnen in den Entleiher-Betrieben zu verklagen. Um den möglichen Flurschaden, der sich aus der Tarifunfähigkeit der CGZP ergeben könnte, so gering wie möglich zu halten, stellten viele Verleiher seit 2010 ihre Arbeitsverträge um. Sie nahmen fortan nicht mehr nur auf die CGZP-Tarifverträge Bezug, sondern verwiesen daneben auf – zum Teil inhaltsgleiche – Tarifverträge mit anderen Gewerkschaften. In den Arbeitsgerichtsverfahren um die Differenzvergütung machten sie Vertrauensschutz geltend und gaben an, in die Tariffähigkeit der CGZP vertraut zu haben. Zusätzlich beriefen sie sich auf die in ihren Arbeitsverträgen enthaltenen Ausschlussfristen und zum Teil auch auf Verjährung.
Noch liegen die Entscheidungsgründe in den fünf Verfahren nicht vor. Der Pressemitteilung (17/13, DB 0581586) des BAG lässt sich jedoch entnehmen, dass die Bundesarbeitsrichter jedenfalls versucht haben, die finanziellen Folgen ihrer Entscheidungen für die Verleiher in Grenzen zu halten. Erwartungsgemäß stellte das BAG fest, dass die CGZP aufgrund der ihr von Beginn an fehlenden Tariffähigkeit keine wirksamen Tarifverträge schließen konnte. Damit waren die Verleiher aber auch nicht in der Lage, für sie finanziell ungünstigere Arbeitsbedingungen beim Entleiher durch arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den CGZP-Tarifvertrag abzulösen. Infolgedessen hatten die Leiharbeiter zu Recht nach § 10 Abs. 4 AÜG auf Equal Pay geklagt.
Den Vertrauensschutz, auf den die Verleiher sich berufen hatten, gestand das BAG ihnen nicht zu und wies das Argument zurück, sie hätten nicht mit der Fehlerhaftigkeit der CGZP-Satzung rechnen können. Mit dieser Begründung hatten die Verleiher versucht, die Equal Pay-Ansprüche ihrer Leiharbeitnehmer auf die Zeit nach dem 14. 12. 2010, dem Tag, an dem die Tarifunfähigkeit der CGZP feststand, zu begrenzen. Der Ausgang war zu erwarten. Bereits im Jahr 2006 hatte der Zehnte Senat des BAG in einem ähnlich gelagerten Fall festgestellt, dass der gute Glaube an die Tariffähigkeit eines Verbands nicht geschützt ist. Da die CGZP zudem von Beginn an arbeitsrechtlich in der Kritik stand, war die Entscheidung des BAG im Jahr 2010 in der Fachwelt nicht allzu überraschend. Auch der von den Verleihern unternommene Versuch, durch arbeitsvertraglichen Verweis auf andere, mit dem CGZP inhaltsgleiche Tarifverträge die Equal Pay-Verpflichtung zu vermeiden, schlug fehl. Diese Bezugnahmeklausel fanden die Bundesrichter intransparent und damit unwirksam, weil sich aus ihr nicht ergebe, welcher Tarifvertrag bei sich widersprechenden Klauseln in den Tarifverträgen gelte.
Dennoch gab es auch Trostpflaster für die Verleiher: Die im Vorfeld heftig umstrittene Frage, ob und ab wann sie sich auf ihre vertraglich vereinbarten Ausschlussfristen berufen konnten, entschied das BAG zugunsten der Verleiher. Vertragliche Ausschlussfristen sehen vor, dass man einen arbeitsvertraglichen Anspruch innerhalb einer bestimmten Frist – in der Regel drei Monate – geltend machen muss, sonst verfällt er. Nach Ansicht des BAG sollen sich Verleiher jedenfalls dann auf vertraglich vereinbarte Ausschlussklauseln berufen können, wenn diese wirksam sind. Davon ist bei einer Frist zur Geltendmachung der Ansprüche von mindestens drei Monaten auszugehen.
Auch in anderer Hinsicht sind die Bundesarbeitsrichter den Verleihern entgegengekommen, nämlich in Bezug auf die Frage, wann Equal Pay-Ansprüche fällig sind und wann ihre Verjährung beginnt. Die Fälligkeit eines solchen Anspruchs beginnt mit dem vertraglich vereinbarten Zahlungszeitpunkt für die Vergütung. Dementsprechend beginnt die Verjährung mit dem Ende des Jahres, in dem der Equal Pay-Anspruch fällig wird, so das BAG. Damit erteilte es der von den Arbeitnehmern vertretenen Position eine Absage, wonach die Fälligkeit und auch die Verjährung erst dann zu laufen beginnen könne, wenn die betroffenen Mitarbeiter subjektiv Kenntnis von der Existenz ihres Equal Pay-Anspruchs haben bzw. haben könnten.
Die finanziellen Folgen dieser BAG-Entscheidungen sind für viele Verleiher existenzbedrohend. Ihnen drohen nicht nur horrende Gehaltsnachzahlungen an ihre Leiharbeitnehmer. Vielmehr müssen sie auf diese Equal Pay-Zahlungen auch Sozialversicherungsbeiträge abführen. Dabei sind sie gleich doppelt gestraft, weil sie nur für den laufenden Monat und die drei vorangegangenen Monate die Arbeitnehmeranteile vom Gehalt der Leiharbeitnehmer einbehalten dürfen. Für die übrigen Nachzahlungen müssen sie wegen § 28g SGB IV neben den Arbeitgeber- auch die Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen übernehmen.