Kapitalanlagegesetzbuch: Chancen, enttäuschte Hoffnungen, viel Arbeit

RA Dr. Detmar Loff, Allen & Overy LLP, Frankfurt/M.

RA Dr. Detmar Loff, Allen & Overy LLP, Frankfurt/M.

Am 16. 5. 2013 hat der Bundestag das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) verabschiedet, welches ab dem 22. 7. 2013 Anwendung finden wird. Das KAGB ist ein einheitliches Gesetzbuch für kollektive Vermögensanlagen und erfasst die Verwalter von OGAW einerseits und offenen und geschlossenen Immobilienfonds, Private Equity Fonds sowie anderen alternativen Investmentvermögen (AIF) andererseits. Zudem werden für Verwalter sog. Risikokapitalfonds (Venture Capital Fonds) und Europäischer Fonds für soziales Unternehmertum Verweisungen in die ohnehin unmittelbar in den Mitgliedstaaten der EU geltenden EU-Verordnungen vorgenommen und das diesbezügliche Registrierungsverfahren normiert. Der Bundesrat wird am 7. 6. 2013 noch über das Gesetz zu entscheiden haben, Branchenvertreter rechnen aber nicht mehr mit einem Einspruch.

In Bezug auf die Regelungen, die von der AIFM-RL vorgegeben waren, hat sich der Gesetzgeber weitgehend um eine 1:1-Umsetzung bemüht. Von den in der Richtlinie optional vorgesehenen Erleichterungen hat er gleichwohl nur beschränkt Gebrauch gemacht und z. B. das Private Placement Regime früher beendet als notwendig. In den Bereichen, die nicht durch die Richtlinienvorgaben begrenzt waren, insbesondere die Verwaltung und den Vertrieb alternativer Investmentfonds an Privatkunden, geht der Gesetzgeber hingegen eigene Wege: Neben einem umfassenden Schutz von Privatkunden durch detaillierte und für den Verbraucher durchaus wünschenswerte Informationspflichten hat der Gesetzgeber hier zur Enttäuschung der Branche auch für AIF produktbezogene Beschränkungen aufgenommen, welche die Strukturierung von Produkten und damit den Marktzugang von Privatkunden zu bestimmten Risikoklassen erschweren. Andere EU-Mitgliedstaaten scheinen hier der Entscheidungskompetenz gut informierter Bürger mehr zu vertrauen und fokussieren sich weniger auf eine Produktregulierung.

Beispiel geschlossene inländische Publikums-AIF (z. B. typische GmbH & Co. KG-Vehikel geschlossener Fonds): Diese dürfen nur noch in bestimmte Vermögensgegenstände investieren, z. B. Sachwerte, nicht-börsennotierte Unternehmen und andere geschlossene AIF. Der zunächst vorgesehene abschließende Katalog erwerbbarer Vermögensgegenstände wurde aber insofern etwas gelockert, als dass nicht mehr nur bestimmte Sachwerte (u. a. Immobilien, Schiffe, Container) erworben werden dürfen, sondern auch andere Sachwerte, die nicht in der gesetzlichen Beispielliste für erwerbbare Sachwerte aufgeführt sind. Dies ermöglicht auch den Privatkunden weiterhin den Zugang zu bestimmten Risikoklassen, die in den ersten Gesetzesentwürfen ausgeschlossen waren.

Seit dem ersten Gesetzesentwurf bestehen für diese AIF allerdings Beschränkungen in Bezug auf Vermögensgegenstände, die einem Währungsrisiko unterliegen (z. B. Immobilien in der Schweiz oder in UK). Derartige Vermögensgegenstände dürfen 30% des Wertes des AIF nicht überschreiten. Wie bisher dürften aber Währungsabsicherungsgeschäfte möglich sein, sodass sich ein Währungsrisiko effektiv beschränken und die 30%-Grenze einhalten lässt. Die Kreditaufnahme ist letztendlich auf 60% des Wertes des AIF beschränkt worden und damit deutlich weiter, als in den ersten Gesetzesentwürfen noch vorgesehen war. Hiermit ist der Gesetzgeber der Realität geschlossener Fonds entgegengekommen. Vermögensgegenstände mit einem Wert über 50 Mio. € müssen vor Erwerb von zwei externen, voneinander unabhängigen Bewertern beurteilt werden. Unklar ist, welcher Wert bei abweichenden Ergebnissen maßgeblich sein soll. In anderen EU-Mitgliedstaaten mit vergleichbaren Regelungen wird hier oftmals ein Mittelwert angesetzt.

Besonderheiten bestehen zudem bei der Risikomischung: Grundsätzlich müssen geschlossene Publikums-AIF risikogemischt sein. Alternativ zu einer quantitativen Betrachtung (mindestens drei Sachwerte mit im Wesentlichen gleicher Verteilung – bisher forderte die BaFin mindestens vier Vermögensgegenstände) – ist auch eine wirtschaftliche Sichtweise möglich. Auch eine einzige Immobilie mit der Möglichkeit einer Drittverwendung kann damit als risikogemischt gelten, wenn die Mieterstruktur zu einer Streuung des Ausfallsrisikos führt (z. B. bei Einkaufszentren). Die Risikomischung ist erst innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten nach Vertriebsbeginn zu gewährleisten, dann aber auch erforderlich. Sofern die Anleger bestimmte Kriterien erfüllen (u. a. Mindestinvestitionssumme 20T€), eine umfassende Risikoaufklärung stattgefunden hat und für den AIF keine Unternehmensbeteiligungen an nicht-börsennotierten Unternehmen erworben werden, braucht das Kriterium der Risikomischung nicht eingehalten zu werden. Die Vorgaben des KAGB in Bezug auf geschlossene Publikums-AIF wahren damit die Chancen für Anleger, die Investitionen in bestimmte Risiken bieten. Gleichzeitig wird der (Informations-)Aufwand erhöht, was zu einer Renditeeinschränkung führen kann. Die Anbieter dieser AIF werden zudem gezwungen sein, die bisher in der Praxis teilweise eher pragmatisch gelösten Herausforderungen formalisiert anzugehen. Dies erfordert neben einer umfassenden Dokumentation teilweise auch ganz neue Organisations- und Prozessstrukturen. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen wird diese Hürde kaum allein zu nehmen sein – Dienstleister (z. B. Master-Kapitalanlage-/-verwaltungsgesellschaften) stehen aber bereits zur Verfügung.

Bis zuletzt hatten auch börsennotierte Immobiliengesellschaften und REITs darauf gehofft, nicht dem Anwendungsbereich des KAGB zu unterfallen. Die BaFin hat sich zu diesen Anlageformen nunmehr in einem Konsultationspapier zum Anwendungsbereich des KAGB geäußert: Für Immobiliengesellschaften soll es darauf ankommen, ob diese eine operative Tätigkeit (z. B. Projektentwicklung, Hotel- oder Pflegeeinrichtungsbetrieb) ausüben oder vorwiegend in der Verwaltung, der Vermietung und dem Verkauf von Immobilien tätig sind. Im erstgenannten Fall findet das KAGB keine Anwendung, im letztgenannten Fall dann, wenn auch die übrigen Tatbestandsmerkmale eines AIF erfüllt sind. Unklar ist, wie die BaFin mit gemischten Gesellschaften umgeht, die sowohl operative Tätigkeiten entfalten als auch Bestandsimmobilien verwalten. Der von der BaFin zur Abgrenzung verwendete Terminus „vorwiegend“ könnte z. B. nach dem Umsatz oder den Werten der Vermögensgegenstände bestimmt werden. Eine Klarstellung wäre hier wünschenswert, da die Folgen für die Unternehmen gravierend sind und eine hinreichende Rechtssicherheit existenziell für diese Unternehmen ist.

Noch härter hat es die REITs getroffen. Die BaFin möchte die REITs aufgrund des gesetzlich angeordneten Schwerpunkts der Immobilienverwaltung als Investmentvermögen einordnen. Solange das REIT-Gesetz also nicht geändert wird, müssen sich diese Aktiengesellschaften mit der Anwendung des KAGB anfreunden. Da es sich in diesem Fall mangels mindestens jährlichem Rückgaberecht der Aktien an die Gesellschaft und (auch) Privatanlegern als Aktionären um einen geschlossenen Publikums-AIF handelt, gelten die bereits o. g. Beschränkungen z. B. hinsichtlich der Kreditaufnahme (in der Praxis zumeist unproblematisch) und des maximalen Währungsrisikos. Ergänzend – und nicht ganz profan – stellen sich gesellschaftsrechtliche Herausforderungen, sollte die Gesellschaft sich entschließen, einen externen Verwalter zu bestellen, um nicht selbst eine Erlaubnis nach dem KAGB beantragen zu müssen. Hier bereiten insbesondere die gesellschaftsrechtliche Unabhängigkeit des Vorstands und die aufsichtsrechtlich erforderlichen Kompetenzen des externen Verwalters Abgrenzungsschwierigkeiten in der Struktur und im Tagesgeschäft. Zudem könnte sich die Attraktivität des Investments in solche Gesellschaften verringern, da die regulatorischen Kosten (einschließlich der Kosten für eine Verwahrstelle) auch hier die Rendite vermindern werden.

Bereits die wenigen hier vorgestellten Anforderungen stellen die Branche vor massive Herausforderungen. Umso erstaunlicher ist es, dass sich vor allem die bislang schon unter dem InvG regulierten Verwalter intensiv mit den Themen und Auswirkungen befasst haben, hingegen andere Verwalter alternativer Investmentfonds (insbesondere mit kleinerer oder mittlerer Unternehmensgröße) bislang deutlich weniger aktiv sind, obwohl der Umsetzungsaufwand hier am größten sein wird. Ob für diese Unternehmen die Möglichkeit besteht, eine der Ausnahmevorschriften für „kleine AIFM“ oder „Venture Capital Fonds“ zu nutzen, die z. B. Anteile nur an mindestens semi-professionelle Anleger ausgeben dürfen, bleibt eine (häufig unbegründete) Hoffnung. Unabhängig von diesen Überlegungen einer wirtschaftlich effizienten und strategisch sinnvollen Aufstellung bleibt aber selbst für diese Verwalter hinreichend Arbeit, um u. a. die erforderliche Dokumentation und das Meldewesen zu schaffen.

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