Kündigungsfrist: Bestimmbarkeit genügt

RA Dr. Rüdiger Hopfe, Partner, SCHWEIBERT LESSMANN, Frankfurt/Main

RA Dr. Rüdiger Hopfe, Partner, SCHWEIBERT LESSMANN, Frankfurt/Main

Mit Urteil vom 20. 6. 2013 (Az: 6 AZR 805/11, DB0598025) hat das Bundesarbeitsgericht zu der Frage Stellung genommen, ob im Kündigungsschreiben ein konkreter Kündigungstermin anzugeben ist.

Im entschiedenen Fall hatte der Insolvenzverwalter – ohne einen Kündigungstermin im Kündigungsschreiben zu nennen – eine Kündigung zum „nächstmöglichen Zeitpunkt“ ausgesprochen. Das Kündigungsschreiben enthielt aber Hinweise darauf, welche Kündigungsfristen sich aus § 622 BGB ergeben und dass § 113 InsO eine Begrenzung der gesetzlichen, tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Kündigungsfristen auf drei Monate bewirke, wenn anderenfalls eine längere Kündigungsfrist gelten würde.

Die beiden Vorinstanzen hatten der Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin mit der Begründung stattgegeben, dass die Kündigungserklärung unbestimmt sei (LAG Hamm, Urteil vom 6. 4. 2011 – 6 Sa 9/11). Dem ist das BAG nunmehr entgegengetreten.

Ausreichend sei „ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen Fristenregelungen, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll“. Danach genügt es, wenn die Kündigung „zum nächstmöglichen Termin“ ausgesprochen wird und zusätzlich die notwendigen Angaben zur Berechnung des Kündigungstermins gemacht werden. Der Kündigungstermin muss also lediglich „unschwer“ bestimmbar sein.

Trotz dieses Urteils ist es wenig empfehlenswert, auf die Angabe eines Kündigungstermins im Kündigungsschreiben zu verzichten. Zunächst bleibt unklar, wann der Kündigungstermin „unschwer“ zu ermitteln ist. Hier spricht viel dafür, dass dem Insolvenzverwalter § 113 InsO zu Gute kam, der die maßgebliche Kündigungsfrist gesetzlich festlegte. Ob die Angaben im Kündigungsschreiben auch außerhalb der Insolvenz ausreichend gewesen wären, ist zumindest unsicher.

Darüber hinaus halten sich die Risiken bei Benennung eines Kündigungstermins in Grenzen. Geht der Arbeitgeber fälschlich von einer zu kurzen Kündigungsfrist aus und gibt daher im Kündigungsschreiben einen unzulässigen Kündigungstermin an, so kann die Kündigungserklärung regelmäßig dahingehend ausgelegt oder umgedeutet werden, dass das Arbeitsverhältnis zum nächstzulässigen Termin beendet werden soll. Lediglich dann, wenn nach den Umständen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Kündigung nur zu dem angegebenen, nicht aber auch zu einem späteren Zeitpunkt wirken soll, ist eine Auslegung und eine Umdeutung ausgeschlossen (vgl. BAG, Urteil vom 6. 7. 2006 – 2 AZR 215/05; Urteil vom 1. 9. 2010 – 5 AZR 700/09, DB0394592). In diesen Fällen soll der Kündigungstermin „integraler Bestandteil der Kündigungserklärung“ sein. Der Arbeitgeber sollte daher durch entsprechende Formulierungen im Kündigungsschreiben seinen Willen zum Ausdruck bringen, die Kündigung auch zu einem späteren Zeitpunkt wirken zu lassen, wenn der berechnete Kündigungstermin fehlerhaft sein sollte. Insoweit könnte etwa formuliert werden: „…kündigen wir hiermit Ihr Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Termin, dies ist nach unseren Berechnungen der 30. 9. 2013.“ Für den Arbeitgeber bleibt bei diesem Vorgehen allein das Risiko, eine zu lange Kündigungsfrist angegeben zu haben und dadurch einen – rechtlich zulässigen – früheren Kündigungstermin versäumt zu haben.

Entsprechendes gilt für die Betriebsratsanhörung: Nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat vor dem Ausspruch einer Kündigung anzuhören. Eine ohne (ausreichende) Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist bereits aus diesem Grund unwirksam. Nach dem bisher herrschenden Verständnis ist im Rahmen dieser Anhörung die Kündigungsfrist und der Kündigungstermin anzugeben (vgl. BAG, Urteil vom 27. 11. 2003 – 2 AZR 654/02, DB0065180). Die Vorinstanz hatte daher die Kündigung auch aufgrund einer unzureichenden Betriebsratsanhörung für unzulässig erklärt (LAG Hamm, Urteil vom 6. 4. 2011 – 6 Sa 9/11, Rdn. 19 ff.). Der Pressemitteilung des BAG ist diesbezüglich nur zu entnehmen, dass die Kündigung auch nicht aus anderen Gründen unwirksam sei. Hieraus folgt, dass das BAG es offenbar auch im Rahmen der Betriebsratsanhörung ausreichen lässt, wenn der Betriebsrat anhand der erfolgten Angaben den Kündigungstermin unschwer ermitteln kann.

Auch insoweit sollte jedoch neben den tatsächlichen Angaben zur Berechnung der Kündigungsfrist, die errechnete Kündigungsfrist und der danach beabsichtigte Kündigungstermin angegeben werden. Fehler, die dem Arbeitgeber bei dieser Berechnung unterlaufen, führen nicht dazu, dass die Kündigung gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam wäre. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber zum von ihm angegeben Termin kündigt und die Kündigung im arbeitsgerichtlichen Verfahren als zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt ausgelegt wird. Fällt dem Arbeitgeber hingegen noch vor dem Ausspruch der Kündigung auf, dass er im Rahmen der Anhörung eine zu lange Kündigungsfrist angegeben hat und auch zu einem früheren Termin kündigen möchte, ist wohl eine erneute Anhörung des Betriebsrats notwendig. Auch insoweit trägt der Arbeitgeber daher das Risiko, dass er einen möglichen früheren Kündigungstermin verpasst.

Auch wenn der Insolvenzverwalter vor dem BAG letztlich obsiegt hat, sollten sich Arbeitgeber im Rahmen der Betriebsratsanhörung und der Kündigungserklärung auf einen Kündigungstermin festlegen. Die hiermit verbundenen Risiken sind deutlich überschaubarer als im Fall einer Kündigung zum „nächstmöglichen Termin“.

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