Stiftung Warentest führt kostenpflichtige Werbelizenzen ein

RA Dr. Jakob Guhn, Of Counsel, Jones Day, Düsseldorf

RA Dr. Jakob Guhn, Of Counsel, Jones Day, Düsseldorf

Die Testergebnisse der Stiftung Warentest haben einen hohen Stellenwert bei Verbrauchern. Bei gutem Abschneiden verwenden die Unternehmen entsprechend gerne die Testergebnisse in der Werbung. Bisher konnten diese gegen eine Bearbeitungsgebühr von € 500 mitsamt der Testlogos verwendet werden. Dies ist nun Geschichte. Die Stiftung hat zum 1. 7. 2013 ein Lizenzsystem eingeführt: Die Verwendung des Testlogos kostet jetzt für Warenhersteller eine Lizenzgebühr von mindestens 7.000 €, verbunden mit genauen Vorgaben zu Art und Dauer der Werbung mit ihnen. Die Einnahmen sollen dazu dienen, rechtliche Schritte gegen unlautere Werbung mit den Testlogos zu finanzieren. Etwaige Überschüsse sollen der Stiftung zufließen.

Das neue Vorgehen der Stiftung Warentest – sowohl in Bezug auf die Gebühren als auch im Hinblick auf die Rechtsverfolgung in eigener Sache – wirft allerdings einige rechtliche Fragen für Unternehmen auf, die von dieser Umstellung betroffen sind.

Durch die Einführung von Lizenzgebühren macht sich die Stiftung Warentest ein Stück weit abhängig von den Unternehmen, deren Produkte getestet werden. Denn es liegt auf der Hand, dass nur gute Testergebnisse werbewirksam sind und auch nur dann die Lizenzgebühr bezahlt wird. Infolgedessen sollte die Stiftung Warentest finanziell davon profitieren, wenn Tests gut ausfallen. Hierdurch entsteht ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen gutem Testergebnis und der finanziellen Vergütung durch das Unternehmen, das damit werben möchte.

Die Vergütung für Waren- oder Dienstleistungstests bzw. deren Gütesiegel durch die Unternehmen ist allerdings nichts Ungewöhnliches. Dies allein steht einer Lauterkeit von Testergebnissen und Gütesiegeln auch nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung sind die Interessen der Mitbewerber und Markteilnehmer jedenfalls dann hinreichend gewahrt, wenn der Test neutral, objektiv und repräsentativ ist. Neutral ist ein Test auch dann, wenn ein Testinstitut von guten Ergebnissen und so den Einnahmen aus Lizenzgebühren abhängig ist. Eine Neutralität sollte anzunehmen sein, sofern trotz unterschiedlicher Lizenzeinnahmen eine gleichberechtigte Behandlung erfolgt und die Bewertung objektiv gerechtfertigt ist. Objektivität und Repräsentativität spielen gerade bei der Produktauswahl und der Festlegung der Testkriterien eine Rolle. In Bezug auf die Produktauswahl ist interessant, ob die Stiftung zukünftig ihre Auswahlkriterien offenlegt. Manche Unternehmen könnten befürchten, dass Wettbewerber bevorzugt werden, soweit sich die Tester von ihnen hohe Lizenzeinnahmen versprechen.

Für die Testkriterien gilt ferner, dass nur die relevanten Produkteigenschaften untersucht werden sollten und dass alle Tests gleich ablaufen müssen, um ein objektives und repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Bei diesen Kriterien erfuhr die Stiftung Warentest gleich bei der ersten Ausgabe nach der Einführung der Lizenz heftige Kritik bezüglich des Finanztests zur Berufsunfähigkeitsversicherung. (vgl. Bericht im Handelsblatt). Ferner wurde bei diesem Test bemängelt, dass drei Viertel aller Versicherungsangebote ein „sehr gut“ erhalten haben. Der zeitliche Zusammenfall mit der Einführung der Werbelizenz ist zumindest bemerkenswert. Diese Erfolgsquote war bei Tests der Stiftung – insbesondere im Vergleich zu Gütesiegeln – bisher unbekannt. Die neue Abhängigkeit der Stiftung von Lizenzgeldern mag dazu führen, dass die vermeintlich benachteiligten Unternehmen die nach der Rechtsprechung erforderlichen Testkriterien auf den Prüfstand stellen.

Die Stiftung hat die Einführung der Lizenz mit der Erforderlichkeit begründet, gegen vermeintlich unlautere Werbungen mit den Testergebnissen vorzugehen. Diese Möglichkeit eröffnet sich die Stiftung mit einem Vertrag, der den Lizenznehmern dezidierte Vorgaben macht, wie lange und in welcher Art und Weise die Werbung mit Testergebnissen geschaltet werden darf. Der Lizenzvertrag schafft damit eine Anspruchsgrundlage, die es der Stiftung ermöglichen soll, im Falle der Nichtbeachtung gegen den Lizenznehmer gerichtlich vorzugehen. Dieses Konstrukt macht die Stiftung Warentest selbst zum „Hüter des Wettbewerbsrechts“ gegenüber ihren Lizenznehmern.

Eine solche Kontrolle bringt aber eine Vielzahl rechtlicher Fragen mit sich. So ist zunächst auffällig, dass die Stiftung ihren Lizenznehmern Vorgaben zur Werbung macht, die in manchen Aspekten strenger sind als das Gesetz. Beispielsweise muss nach der Rechtsprechung ein Test nicht grundsätzlich ein Jahr oder zwei Jahre nach Veröffentlichung veraltet sein. Zudem kann die Stiftung nur gegen solche Unternehmen umfassend vorgehen, die die Lizenzvereinbarung unterschrieben haben. Gegenüber Unternehmen, die keinen Lizenzvertrag haben, muss sich die Stiftung auf die Geltendmachung ihrer Markenrechte beschränken. Inwieweit das Markenrecht eine geeignete Anspruchsgrundlage bildet, eine „lizenzfreie“ Werbung mit den Testergebnissen zu verbieten, ist in vielerlei Hinsicht offen und hängt zudem von der konkreten Werbegestaltung ab. Wenn ein Unternehmen ein tatsächlich getestetes Produkt mit einem Testlogo von Stiftung Warentest bewirbt, ist zunächst keine Irreführung ersichtlich. Der Verbraucher wird dann lediglich annehmen, dass das Produkt am beworbenen Test teilgenommen und wie beworben abgeschnitten hat. Entspricht dies der Wahrheit, liegt keine Irreführung vor. Die Stiftung Warentest müsste insoweit eine Markenverletzung damit begründen, dass eine Benutzung der Testlogos unlauter ist, weil man für die Verwendung nicht gezahlt hat. Auch eine Bewerbung der Testergebnisse mit eigenen Worten der Hersteller getesteter Produkte stellt die Rechtsverfolgung auf Grundlage des Markenrechts vor Probleme.

Die Frage eines effektiven juristischen Vorgehens stellt sich zudem in anderen europäischen Ländern. Denn die Logos sind auch im Ausland beliebte Werbeträger und das Markenrecht ist in Bezug auf Schutzfähigkeit und -umfang von Testlogos nicht europaweit harmonisiert. Insoweit ist es fraglich, ob und inwieweit die Stiftung eine Rechtsverfolgung im Ausland betreiben möchte. Die Stiftung Warentest hat daher ein System zur Lizenzkontrolle entwickelt, das für sie mit gewissen Unwägbarkeiten verbunden ist.

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