Dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung ist verboten

RA, FAArbR Dr. Gero Ludwig, Partner, BMH Bräutigam, Berlin

RA, FAArbR Dr. Gero Ludwig, Partner, BMH Bräutigam, Berlin

Seit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zum 1. 12. 2011 enthält das Gesetz in § 1 Abs. 1 S. 2 die Aussage, die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolge vorübergehend. In früheren Fassungen sah das Gesetz zunächst noch konkrete zeitliche Grenzen für die Überlassung vor, die im Lauf der Jahre mehrmals erhöht, im Zug der Hartz-Gesetze dann aber beseitigt wurden. Seit der letzten Reform ist die damals auch mögliche dauerhafte Überlassung nicht mehr zulässig: In seinem Beschluss vom 10. 7. 2013 hat das Bundesarbeitsgericht (Az. 7 ABR 91/11, DB 2013 S. 2629) hierzu nun erstmals entschieden, dass der Gesetzgeber die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung verboten habe. Aus diesem Grund könne ein beim Entleiher bestehender Betriebsrat der Übernahme eines Leiharbeitnehmers widersprechen, wenn dieser dem Entleiher nicht lediglich vorübergehend überlassen werden solle. Bedauerlicherweise musste das Bundesarbeitsgericht jedoch nicht konkretisieren, wann eine Überlassung noch vorübergehend ist, und hat diese Frage offengelassen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der potentielle Entleiher grundsätzlich entschieden, neue Stellen nur noch mit Leiharbeitskräften zu besetzen. Dementsprechend plante er, auf einem Stammarbeitsplatz unbefristet eine Leiharbeitnehmerin zu beschäftigen und teilte dies seinem Betriebsrat mit. Dieser verweigerte jedoch die Zustimmung zur Übernahme – zu Recht, wie das BAG nun entschieden hat.

Besteht beim Entleiher ein Betriebsrat, so ist er gemäß § 14 Abs. 3 AÜG i. V. mit § 99 BetrVG vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers – ebenso wie jeder Arbeitgeber, der einen (Stamm-)Arbeitnehmer einstellen will – verpflichtet, dessen Zustimmung einzuholen. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung aus bestimmten, im Gesetz abschließend aufgezählten Gründen verweigern, unter anderem dann, wenn die Übernahme gegen ein Gesetz verstößt. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, muss der Arbeitgeber sie durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen.

Ob der im Zug der Reform des Gesetzes in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ergänzte Satz, dass die Arbeitnehmerüberlassung vorübergehend erfolge, ein solches Verbot darstellt, war bislang umstritten. Da das Gesetz weder das Merkmal „vorübergehend“ näher bestimmt – der Gesetzesbegründung zufolge soll es als „flexible Zeitkomponente“ zu verstehen sein –, noch eine Rechtsfolgenanordnung für den Fall der nicht mehr vorübergehenden Überlassung enthält, wurde in der Rechtswissenschaft mit guten Gründen vertreten, dass es sich lediglich um einen – unverbindlichen – Programmsatz handele, der den Normalfall der Arbeitnehmerüberlassung beschreibe, die zulässige Arbeitnehmerüberlassung hierauf aber nicht beschränke. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte zeichnete sich indes bereits ab, dass diese dem überwiegend nicht folgen. Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht die Frage im Sinne eines gesetzlichen Verbots der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung entschieden.

Noch nicht geklärt ist damit indes zum einen, wann die zeitliche Grenze der zulässigen Arbeitnehmerüberlassung überschritten ist. Das BAGkonnte dies offenlassen, da jedenfalls die hier geplante Arbeitnehmerüberlassung, bei der der Leiharbeitnehmer zeitlich unbegrenzt an Stelle eines Stammarbeitnehmers eingesetzt werden sollte, nicht mehr vorübergehend sei. Zum anderen ist weiterhin offen, welche Rechtsfolgen bei dauerhafter Überlassung eintreten, insbesondere ob (wie bei einer Überlassung ohne die erforderliche Erlaubnis) ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher gesetzlich fingiert wird. Zu dieser Frage wird das BAGin einem am 10. 12. 2013 zu verhandelnden Fall Gelegenheit haben, Stellung zu nehmen. Ob es dazu kommt und ob das Gericht dann auch den Begriff „vorübergehend“ näher konkretisiert, ist allerdings offen. Nach dem Sachverhalt ist dies wohl erneut nicht erforderlich. Damit bleibt der Praxis gegenwärtig nur, bei der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern sehr vorsichtig zu sein. Allerdings sind die Vorteile der Arbeitnehmerüberlassung durch die Gesetzesreform und die jüngere Rechtsprechung ohnehin deutlich geringer geworden und werden voraussichtlich noch weiter eingeschränkt werden. Zwar hat der Gesetzgeber bei der Reform noch ausdrücklich bewusst darauf verzichtet, eine Höchstdauer der Überlassung vorzugeben. Demgegenüber hat sich die designierte Koalition aber der weiteren Eindämmung der Leiharbeit verschrieben und im Koalitionsvertrag vorgesehen, die zulässige Überlassung auf höchstens 18 Monate zu begrenzen. Damit hätte sich zumindest der Streit um die Bestimmung des Begriffs „vorübergehend“ erledigt.

 

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