Internetnutzung für Stimmrechtsvollmacht in Gefahr?

Die Vorbereitungen auf die Hauptversammlungssaison 2014 sind im Gange. Dabei wird man sich auch Gedanken machen, wie eine möglichst hohe Beteiligung der Aktionäre herzustellen ist. Eine große Rolle spielt dabei die Stimmrechtsvertretung, die nach dem Corporate Governance Kodex (Nr. 2.3.2.) zu „erleichtern“ ist. Eine gern genutzte Möglichkeit besteht darin, den Aktionären die Vollmachterteilung durch Einbuchen auf der Internetseite der Gesellschaft anzubieten. Die Vollmacht bedarf der Textform (§ 134 Abs. 3 AktG). Droht eine böse Überraschung, wenn ab dem 13. Juni 2014 die Textform anders definiert wird?

§ 126b S. 1 n.F. BGB wird für die Textform verlangen, dass eine lesbare Erklärung „auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben“ wird. Beim ersten und auch zweiten Lesen dieser neugefassten Norm (Gesetz v. 20. 9. 2013, BGBl. I S. 3642) scheint dies das Aus für die seit gut 10 Jahren etablierte Internetnutzung zu bedeuten. Der Aktionär bevollmächtigt schließlich nicht mittels der Abgabe eines dauerhaften Datenträgers an die Gesellschaft, sondern er klickt auf die Seite bzw. berührt sie.

Aber die Norm kann und muss anders verstanden werden. „Auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben“ heißt nicht, dass die Abgabe der Willenserklärung (dazu Beurskens/Noack, GS Wolf, 2011) auf einem Datenträger erfolgen muss, welcher dann physisch zum Empfänger übermittelt wird. Vielmehr ist die Angelegenheit vom Empfänger aus zu sehen, wie § 126b S. 2 n.F. BGB belegt. Dort wird der dauerhafte Datenträger als Medium bestimmt, welches „dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist“. Satz 1 ist also richtig so zu lesen: „Auf einem dauerhaften Datenträger beim Empfänger eingegangen“, d.h. dort abgegeben. Dann ist eine Erklärung, die auf der Internetseite des Empfängers eingegeben wird und damit in seinen dauerhaften Datenbestand gelangt stets der Textform genügend. Für die gleichfalls unkörperlich übermittelte E-Mail geht auch die Gesetzesbegründung davon aus, dass sie ein Anwendungsfall der Textform sei.

Das Ergebnis stimmt vor allem mit der EU-Richtlinie über Rechte der Verbraucher (Verbraucherrechterichtlinie) v. 25.10.2011 überein, auf deren allzu wörtliche Umsetzung die Neufassung des § 126b BGB zurückgeht. Die Richtlinie bestimmt in Artikel 2 Nr. 10: „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke „dauerhafter Datenträger“ jedes Medium, das es dem Verbraucher oder dem Unternehmer gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass … “ Auf die Speichermöglichkeit beim Empfänger, nicht auf die Übermittlungstechnik kommt es demnach an.

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