Pofalla, die Deutsche Bahn und das Aktienrecht

Der angeblich geplante Wechsel von Ronald Pofalla als Vorstandsmitglied zur Deutschen Bahn AG hat gespaltene Reaktionen ausgelöst. Gleichwohl ist in diesem Zusammenhang zunächst zu betonen, dass personaler Austausch zwischen Politik, (Privat-)Wirtschaft und Verwaltung grundsätzlich zu begrüßen sind. Und deshalb darf eine Tätigkeit als Abgeordneter auch keine Einbahnstraße sein. Auch ich gehöre in diese Kategorie der Wechsler – freilich mit dem wesentlichen Unterschied, dass es sich bei mir um einen Wechsel in „umgekehrter“ Richtung handelte und ich auch während meiner Abgeordnetenzeit weiter in meinem bisherigen Beruf arbeite.

Hauptproblem bei der aktuellen Diskussion ist für mich aber, dass es sich bei der Deutschen Bahn AG nicht wirklich um Privatwirtschaft handelt, sondern um ein vollständig im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehendes Unternehmen. Klar ist zwar, dass auch ein solches Unternehmen Mitarbeiter braucht, die den Kontakt zu Parlament und Regierung halten. Selbst Ministerien haben in der Regel Mitarbeiter, die sich mit Kabinetts- und Parlamentsangelegenheiten beschäftigen. Wo allerdings im Fall der Deutschen Bahn AG der Zugewinn eines verbesserten Kontakts zur Politik dadurch liegen soll, dass neben den ohnehin „politischen bestimmten“ Aufsichtsratsmitgliedern auch noch ein Vorstand der Politik „nahe steht“, ist anders als bei einem (echt) privatwirtschaftlichen Unternehmen schwer nachvollziehbar.

Der Aufsichtsrat der Bahn wird sich dieser Frage anzunehmen haben – was er offenbar noch nicht getan hat. Auf seine Erwägungen könnte man neugierig sein; sie sind allerdings vertraulich. Genauso spannend wäre zu erfahren, ob es irgendwelche Einwirkungen auf den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG in dieser Personalie gibt oder gab. Der zur Kontrolle solcher Einflussnahmen bestimmte Abhängigkeitsbericht (§ 312 AktG) ist aber ebenfalls nicht offenzulegen. Die aktuelle Diskussion sollte daher Anlass sein, die schon früher geäußerte Kritik an der Geheimhaltung dieser Abhängigkeitsberichte – zumindest für öffentliche Unternehmen – aufzugreifen. Auch inhaltlich ließe sich die Aussagekraft von Abhängigkeitsberichten noch verbessern.

Gerade bei quasi „öffentlichen Unternehmen“ wäre damit unter Umständen mehr zu erreichen als durch sehr pauschalierende „Karenzzeiten“, für die es in § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AktG im Übrigen durchaus auch in Deutschland schon Vorbilder gibt. Ähnlich wie bei Wettbewerbsverboten würde die Karenzzeit nämlich „eingepreist“: Entweder der bisherige oder der künftige „Arbeitgeber“ würde mehr zahlen (müssen), wenn zwischen beiden Rechtsverhältnissen eine Periode der Abstinenz liegen müsste. Gespräche und Kontakte lassen sich ohnehin nicht verhindern, und wer dies zu können glaubt, sei daran erinnert, dass Politik der Durchsetzung von Interessen dient: Der Deutsche Bundestag entscheidet nicht nach dem Vorbild von Germany’s Next Top Model.

Für mich steht hier daher Transparenz vor kosmetischen Regelungen!

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