Das Kabinett wird am 11.12.2014 den Gesetzentwurf für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst verabschieden. Mit diesem Gesetz soll erstmals eine verpflichtende Frauenquote für Aufsichtsräte eingeführt werden – ein Paradigmenwechsel in der deutschen Gleichstellungspolitik.
Der Entwurf sieht eine Mindestquote von 30 Prozent Frauen (und 30 Prozent Männern) für Aufsichtsräte in Unternehmen vor, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung nach MitbestG, MontanMitbestG oder MitbestErgG unterliegen. Europäische Gesellschaften sind auch betroffen, sofern sie nach dem SE-Beteiligungsgesetz mitbestimmt sind.
Bisher setzte die Regierung auf freiwillige Selbstverpflichtungen der deutschen Wirtschaft. Aktuell beträgt der Frauenanteil in Aufsichtsräten jedoch lediglich 18,9 Prozent (WoB-Index des FidAR e.V., Stand 30. September 2014). Die Große Koalition hatte schon im Koalitionsvertrag angekündigt, dass sie Geschlechterquoten einführen werde.
Quote gilt ab 2016
Die Quote soll ab dem 01.01.2016 gelten. Bestehende Aufsichtsratsmandate können aber bis zu ihrem regulären Ende wahrgenommen werden. Für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten ist der Anteil des unterrepräsentierten Geschlechts sukzessive zu erhöhen. Bei Nichterfüllung der Quote auf Seiten der Anteilseigner ist die quotenwidrige Wahl der Hauptversammlung zum Aufsichtsrat oder die Entsendung in den Aufsichtsrat nichtig und der Platz bleibt unbesetzt („leerer Stuhl“).
Kritiker befürchten, dass nicht genügend geeignete Kandidatinnen zur Verfügung stehen und daher einige wenige gleich in mehrere Aufsichtsräte einziehen werden (so in Norwegen, wo seit 2008 eine 40-Prozent-Quote für börsennotierte Gesellschaften gilt). Das ist in Deutschland aber auch bei männlichen Aufsichtsräten zu beobachten.
Zielgrößen für die oberen Führungsebenen
Außerdem werden börsennotierte oder der Mitbestimmung unterliegenden Unternehmen in Form der AG, KGaA, eG, VVaG, GmbH und der SE verpflichtet, konkrete Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsrat, Vorstand und den beiden Führungsebenen darunter sowie Fristen zu deren Erreichen festzulegen. Die Zielgrößen und Fristen, das Erreichen der Zielgrößen innerhalb der Fristen sowie das etwaige Nichterreichen und die Gründe hierfür müssen veröffentlicht werden.
Höhere EU-Frauenquote
Kaum ist der Regierungsentwurf verabschiedet, könnte es demnächst Nachbesserungsbedarf geben. Denn die EU strebt eine um 10 Prozent höhere Frauenquote in Aufsichtsräten an. Schon im November 2012 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung einer europaweiten Frauenquote vorgestellt (COM(2012) 614 final). Ziel ist ein Mindestanteil von 40 Prozent des unterrepräsentierten Geschlechts in den Leitungsgremien börsennotierter europäischer Unternehmen bis 2020. Nachdem das EU-Parlament den Vorschlag am 14.11.2013 verabschiedet hat, muss er jetzt noch vom EU-Ministerrat gebilligt werden.