Aktienrechtsnovelle: Immobilisierung der Inhaberaktie wegen Geldwäscheverdacht

„Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts sind nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien für kriminelle Handlungen im Bereich der Geldwäsche besonders anfällig“. Dieser Satz aus der Begründung zur Aktienrechtsnovelle 2014/15 (Regierungsentwurf v. 7.1.2015) lässt aufhorchen. Leider wird nicht gesagt, welche tatsächlichen Kriminalfälle diesen Erkenntnissen zugrunde liegen. Die Kritik an der Inhaberaktie wird auf internationaler Ebene durch die Financial Action Task Force On Money Laundering (FATF) vorangetrieben. Die FATF ist eine zwischenstaatliche Organisation, deren Mitglied die Bundesrepublik Deutschland ist, und die sich der Bekämpfung von Geldwäsche und von Terrorismusfinanzierung widmet. Nach erheblicher Kritik am deutschen Aktienrecht durch die FATF sieht die Bundesregierung eine Änderung des § 10 AktG vor, wonach neu gegründete Aktiengesellschaften keine Einzelurkunden über Inhaberaktien mehr ausgeben dürfen (Stichtag: Inkrafttreten der Novelle, zu erwarten im Sommer 2015). Vielmehr sind die Inhaberaktien in einer Globalurkunde zu verbriefen, die bei einer Wertpapiersammelbank zu deponieren ist. Der ursprüngliche Plan, die Inhaberaktie für nicht börsennotierte Gesellschaften ganz abzuschaffen (Referentenentwurf 2010; dazu Noack DB 2010, 2657) wurde nicht weiter verfolgt.

Der jetzt in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachte Vorschlag bedeutet eine „Immobilisierung“ der Inhaberaktie. Er wählt damit eine der Optionen, welche die FATF den nationalen Legislationen nahelegt: Das strikte Verbot, die Untersagung der Verbriefung, die Immobilisierung durch eine Pflicht, die Aktien bei einer staatlich regulierten Stelle aufzubewahren oder eine Pflicht von Aktionären mit beherrschender Stellung, die Gesellschaft über ihre Identität zu benachrichtigen, was die Gesellschaft zu dokumentieren hat. Letzteres ist schon weit vor Erlangung einer beherrschenden Stellung bei börsennotierten Aktiengesellschaften aufgrund § 21 WpHG der Fall (ab 3%), weshalb dieser Gesellschaftstyp nicht von den Einschränkungen bei der Inhaberaktie betroffen ist. Die schon seit langem geltende Offenlegung eines mit 25% und mehr beteiligten Inhaberaktionärs (§ 20 AktG) gegenüber der Gesellschaft wird nicht als genügend erachtet.

Ob die Inhaberaktie tatsächlich die ihr (ohne rechtstatsächliche Belege) zugeschriebenen gefährlichen Effekte entfaltet, ist zweifelhaft. Zur Anlage von Schwarzgeld taugt sie weniger, als auf den ersten Blick zu vermuten ist. Denn bei Gründung und Kapitalerhöhung sind die beteiligten Personen gegenüber dem Registergericht offenzulegen; die Einschaltung von Strohleuten ist möglich, aber sie schafft Mitwisser. Als Einlage eingezahltes, illegal erworbenes Vermögen kommt grundsätzlich nur durch legale Erwirtschaftung von entsprechend hohen jährlichen Gewinnen (§ 57 Abs. 3 AktG) und ausnahmsweise bei der Liquidation (§ 271 AktG) „gewaschen“ wieder heraus. Möglicherweise gibt es Einsatzfelder als Schattenwährung zur Bedienung zwielichtiger Geschäfte. Dieser Verdacht dürfte allerdings auch die blankoindossierte Namensaktie treffen. Und wenn man damit Ernst macht, anonymen Strukturen zu wehren, wäre auch an die Registrierung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu denken. Das ist ansatzweise im Grundstücksrecht geschehen, aber nicht bei einer GbR als Inhaberin des Geschäftsanteils einer GmbH. Die FATF hätte aus ihrer Zwecksetzung heraus also einigen Anlass, das deutsche Gesellschaftsrecht weiter auf den Kieker zu nehmen.

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