Der Bundestag hat am 6. März 2015 – pünktlich zum internationalen Frauentag am 8. März – die sog. Frauenquote beschlossen, die insbesondere Frauen die gleiche Teilhabe an Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung sichern soll.
Politischer Hintergrund
Laut Bundesregierung sind Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung derzeit noch stark unterrepräsentiert. So sei zwar mehr als die Hälfte der Bevölkerung und mehr als die Hälfte der Hochschul-Absolventen weiblich, dieses Verhältnis finde in den Führungsetagen aber keinen Niederschlag, was gesellschaftspolitisch nicht zu erklären sei. Der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten betrage aktuell lediglich knapp 19%, der Anteil in den Vorständen nur knapp 6%. Untersuchungen hätten jedoch gezeigt, dass gerade Teams gemischten Geschlechts bessere (Arbeits-)Ergebnisse erzielen.
Die Quotenregelung
Zunächst sollte man festhalten, dass zwar im Moment unisono die Rede von einer Frauenquote ist, und dies mittelfristig auch die Wirkung der Regelungen sein dürfte, die gesetzlichen Neuregelungen jedoch – zumindest im Bereich der gesetzlichen unmittelbar zwingenden Quote – das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht besserstellen wollen. Im Kern wird durch den Bundestagsbeschluss eine Vielzahl von Gesetzen geändert, die einzelnen Reglungen lassen sich aber überblicksartig wie folgt zusammenfassen:
Zum einen müssen börsennotierte Unternehmen, die der paritätischen Unternehmens-Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz, oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz unterliegen, ab dem 1. Januar 2016 ihre Aufsichtsratsposten jeweils zu 30% mit Männern und Frauen besetzen. Dies gilt auch für europäische Aktiengesellschaften, die nach dem SE-Beteiligungsgesetz mitbestimmt sind.
Unternehmen, die entweder börsennotiert sind oder der Unternehmens-Mitbestimmung unterliegen, müssen sich für ihren Vorstand, bzw. ihre Geschäftsführung und für die beiden darunter gelegenen Führungsebenen selbst entsprechende Quoten – hier tatsächlich allein für den prozentualen Frauenanteil – verordnen, die sie in einem bestimmten Zeitraum zu erreichen versuchen. Dieser Zeitraum darf nicht größer als fünf Jahre sein und die selbst-verordnete Quote nicht unter dem Anteil liegen, der bereits heute erreicht ist (soweit die Zielgröße unter 30% liegt). Erstmals müssen sich diese Unternehmen die Quote bis spätestens 30. September 2015 verordnen. Die erste Zielperiode darf dabei zunächst nur bis zum 30. Juni 2017 dauern. Die Zielgrößen, der Bezugszeitraum und die Angabe ob die Zielgrößen erreicht wurden und falls nicht, die Gründe hierfür, haben die Unternehmen zu veröffentlichen.
Für den öffentlichen Dienst des Bundes werden vergleichbare Reglungen durch das Bundesgleichstellungsgesetz geschaffen: Danach ist auch die Bundesverwaltung verpflichtet, sich konkrete Ziele zur Erhöhung des Frauen-, bzw. des Männeranteils zu setzen (sog. „Gleichstellungsplan“). In Aufsichtsgremien, in die der Bund Mitglieder entsendet, müssen ab 1. Januar 2016 mindestens jeweils 30 Prozent dieser Mitglieder auf beide Geschlechter entfallen. Ab dem 1. Januar 2018 soll dann hier sogar eine 50%-Quote gelten.
Sanktionen bei Verstößen
Werden die Aufsichtsratsposten bei den börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen nicht entsprechend vergeben, ist die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder und deren Entsendung in den Aufsichtsrat nichtig. Das viel beschriebene Bild vom „leeren Stuhl“ ist also treffender mit „leeren Stühlen“ zu bezeichnen. Bei den übrigen von den neuen Regelungen erfassten Unternehmen sind keine direkten Sanktionen vorgesehen, wenn sie die sich selbst gesteckten Ziele nicht erreichen. Gleiches gilt für die Quotenregeln für die Bundesverwaltung. Hier ist im Hinblick auf die Veröffentlichungspflicht jedoch ein gewisser gesellschaftlicher Druck zu erwarten.
Einläuten eines Kulturwandels?
Ob der viel beschworene Kulturwandel mit Inkrafttreten des Gesetztes eintritt, wird abzuwarten sein, denn die sich ab Januar 2016 tatsächlich unmittelbar und sanktionsbewährt auswirkende Quote trifft derzeit in Deutschland nur etwa 100 Unternehmen und dort auch nur das Aufsichtsgremium. Zudem bestehen nach wie vor verfassungsrechtliche Zweifel an dem Gesetzeswerk, insbesondere, weil keine Härtefallregelung besteht und Unternehmen ohne Aufsichtsrat nicht (voll) handlungsfähig sind. Für weitere etwa 3500 Unternehmen ist zu erwarten, dass die selbstgesteckten Ziele zur Vermeidung von Misserfolgen zunächst nur zögerlich den status quo überragen werden.