Aktienrechtsnovelle und Delisting: Anhörung vor dem Rechtsausschuss

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hörte am 6.Mai Sachverständige zur Aktienrechtsnovelle und zum Delisting an. Die Regelungen der Novelle wurden ganz überwiegend als gelungen bezeichnet. Die Fragen der Abgeordneten betrafen das Verschwiegenheitsgebot für Aufsichtsräte, die von Gebietskörperschaften entsandt werden, den Stichtag für Namensaktien und vor allem das Delisting. Hier zeichnete sich ab, dass dass das Delisting zwar geregelt gehört, aber angesichts der Komplexität nicht in letzter Minute noch im Rahmen der Aktienrechtsnovelle. Diese Novelle soll nach fast fünfjähriger Reifezeit (dazu Seibert, FS Bruno Kübler, 2015, S. 665 ff) bis zur Sommerpause endlich verabschiedet werden.

Für das Delisting wird eine kapitalmarktrechtliche oder aktiengesetzliche Regelung erwogen. Eine Abfindung für Aktionäre, die auf die Handelbarkeit ihrer Aktien vertraut haben, soll es wohl geben. Sie erhalten die Option, ihre Aktien anzudienen. Wem? Der Gesellschaft, soweit zulässig, oder dem Großaktionär, der ggf. dafür einsteht (s. § 327b III AktG). Umstritten bleibt die Bemessung dieser Abfindung. Soll man sich eher an § 31 WpÜG orientieren (gewichteter Börsenkurs, so die Stellungnahmen Habersack und meine) oder an den §§ 29, 30 UmwG (Unternehmensbewertung)? Möglicherweise lassen sich beide Ansätze kombinieren, jedenfalls wenn der Börsenkurs „versagt“ (s. § 5 IV WpÜG-Angebotsverordnung, in diese Richtung, aber weitergehend, die Stellungnahme Koch). Und schließlich ist zu bedenken, dass es auch Sachverhalte gibt, die u.a. angesichts der Folgekosten einer Börsennotierung zum Rückzug zwingen – wofür es freilich keine Entschädigung der einen zu Lasten der anderen Aktionäre geben kann. Schließlich: Eine Neigung, die Hauptversammlung einzuschalten (wie es BGH-„Macrotron“ noch vorsah), besteht eher nicht.

Das Bundesfinanzministerium hat eine empirische Untersuchung zu den Folgen des Delisting in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse im Herbst erwartet werden. Die Debatte über das „ob“ und das „wie“ einer gesetzlichen Regelung wird anhalten. Das ist eine gute Sache – und der BGH, der mit „Frosta“ den Anstoß gab, dafür ausdrücklich zu loben. Ganz offensichtlich ist die Angelegenheit eine rechtspolitische, die nicht mit der Setzung von „Richterrecht“ zu erledigen, sondern ein Auftrag der Legislative ist.

Diesem Auftrag kommen Abgeordnete nach: MdB Prof. Dr. Hirte hat soeben einen Vorschlag veröffentlicht, der eine (Teil?-)Regelung im Spruchverfahrensgesetz vorsieht. Fraglich ist, ob das Spruchverfahrensrecht der richtige Ort ist. Denn es geht doch um materielle Regelungsgegenstände: Festlegung eines Pflichtangebots (und Ausnahmen davon, s.o.), Anspruchsgegner. Knüpft man an § 31 WpÜG (und die Angebotsverordnung) an, wäre grundsätzlich ein Spruchverfahren entbehrlich.

Kommentare sind geschlossen.