Der Einsatz von Streikbrechern in der Daseinsvorsorge

Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Löwisch, Leiter der Forschungsstelle für Hochschularbeitsrecht an der Universität Freiburg und Rechtsanwalt in Lahr

Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Löwisch, Leiter der Forschungsstelle für Hochschularbeitsrecht an der Universität Freiburg und Rechtsanwalt in Lahr

Streiks der Daseinsvorsorge mit Aussperrungen zu begegnen, verbietet sich. Bevölkerung und Wirtschaft würden dadurch nur noch mehr beeinträchtigt. Die Arbeitgeber mühen sich deshalb, die öffentlichen Dienste auf anderen Wegen aufrechtzuerhalten. Dabei steht der Einsatz von Streikbrechern im Mittelpunkt. Hierzu soll im Folgenden ein kurzer Überblick gegeben werden.

„Normale“ Arbeitnehmer der bestreikten Betriebe

Bei den Arbeitnehmern der bestreikten Betriebe ist die Rechtslage eindeutig: Einerseits sind sie berechtigt, den Einsatz auf Arbeitsplätzen streikender Arbeitnehmer zu verweigern. Andererseits sind sie nicht gehindert als Streikbrecher zu arbeiten. Sie dürfen dafür während des Streiks sogar Sonderleistungen erhalten. Nur Belohnungen nach Abschluss des Arbeitskampfs („Streikbruchprämien“) sind nach der Rechtsprechung unzulässig.

Gesetzesänderung bei Leiharbeitnehmern?

Nicht anders ist die Lage bislang beim Einsatz von Leiharbeitnehmern. Bestreikte Arbeitgeber können Leiharbeitnehmer auf bestreikten Arbeitsplätzen einsetzen. Diese haben nach § 11 Abs. 5 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes das Recht, Streikarbeit zu verweigern. Auf dieses Recht muss sie ihr Arbeitgeber sogar eigens hinweisen. Sie können sich aber auch dafür entscheiden, solche Streikarbeit zu leisten.

Allerdings plant die Große Koalition hier eine Einschränkung. So findet sich im Koalitionsvertrag der Satz: „Kein Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern als Streikbrecher“. Das geht auf eine Forderung der SPD aus der letzten Legislaturperiode zurück. Ob der Gesetzgeber Leiharbeitnehmern tatsächlich verbieten wird, in bestreikten Betrieben zu arbeiten, ist offen. Immerhin kann ihnen ein solches Verbot ja auch eine Arbeits- und Verdienstmöglichkeit kosten.

Besonderheiten bei Beamten

Besonderes gilt für den Einsatz von Beamten: Ihre planmäßige Arbeit müssen diese weiter verrichten, weil sie eben kein Streikrecht haben. Zweifelhaft ist der Einsatz auf Arbeitsplätzen streikender Kollegen. Hier hat nämlich das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1993 gegen das Bundesarbeitsgericht und das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein solcher Einsatz solange nicht angeordnet werden darf, wie es dafür keine gesetzliche Regelung gibt. Liest man die Entscheidung genau, wird freilich deutlich, dass auch das Verfassungsgericht an der Zulässigkeit freiwilliger Streikarbeit nicht rütteln will. Es beanstandet nämlich nur einen „zwangsweise angeordneten Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen“. Bei dem jetzt öffentlich diskutierten Einsatz von Postbeamten im Zustellungsdienst kommt es also auch darauf an, ob dieser freiwillig geschieht oder nicht.

Einsatz von Drittunternehmen

Nichts mit dem Einsatz von Arbeitnehmern und Beamten als Streikbrechern hat die Vergabe von infolge eines Streiks ausfallenden Dienstleistungen an dritte Unternehmen zu tun. Beauftragt bspw. die Bahn Omnibusunternehmen, einen Ersatzverkehr zu organisieren oder schaltet die Post einen privaten Zustellungsdienst ein, ist das nach geltendem Recht nicht verboten.

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