Betriebliches Eingliederungsmanagement – Chancen und Risiken

RA/FAArbR Dr. Mathias Kühnreich, Buse Heberer Fromm, Düsseldorf

RA/FAArbR Dr. Mathias Kühnreich, Buse Heberer Fromm, Düsseldorf

Langzeiterkrankungen aber auch häufige Kurzerkrankungen von Arbeitnehmern können zu zahlreichen Problemen führen: Während der Arbeitgeber infolge von notwendigen Vertretungen erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet, fürchtet der Arbeitnehmer oftmals um den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses. Aus diesem Grund verpflichtet das Gesetz jeden Arbeitgeber – unabhängig von der Größe des Betriebs – zu einem sogenannten betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM), wenn ein Arbeitnehmer in dem letzten Jahr – d.h. die letzten 365 Tage ab dem Beurteilungszeitpunkt – länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist.

Sinn und Zweck

Mit dem BEM wird das Ziel verfolgt, den Arbeitsplatz des langzeiterkrankten Arbeitnehmers zu sichern. Dem wiedergenesenen Arbeitnehmer soll zum einen der Wiedereinstieg in das Arbeitsleben erleichtert werden. Zum anderen sollen im Rahmen des BEM die Ursachen für die Erkrankung herausgefunden werden. Liegen diese Ursachen im Betrieb, so soll der Arbeitgeber Maßnahmen treffen, um einer erneuten Erkrankung des Arbeitnehmers vorzubeugen.

Doch nicht nur der Arbeitnehmer profitiert von dem betrieblichen Eingliederungsmanagement, denn durch  den Erhalt der Gesundheit seiner Arbeitnehmer kann der Arbeitgeber die Produktivität steigern und Lohnfortzahlungskosten reduzieren. Der Arbeitgeber kann daher den wirtschaftlichen Erfolg seines Unternehmens nachhaltig fördern.

Folgen bei Nichtdurchführung

Wurde ein gesetzlich gefordertes BEM nicht durchgeführt, muss zum einen unterschieden werden, ob der Arbeitgeber das BEM überhaupt angeboten hat und zum anderen, ob der Arbeitnehmer an dem BEM teilnahm. Während es für den Arbeitgeber nämlich verpflichtend ist, einem lang erkrankten Arbeitnehmer ein BEM anzubieten, ist es für den Arbeitnehmer freiwillig, daran teilzunehmen.

Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kein BEM angeboten, so stellt dies keine Ordnungswidrigkeit seitens des Arbeitsgebers dar. Es droht insofern keine Strafe. Es kann jedoch eine etwaige spätere Kündigung, die sich auf die wiederholte Krankheit des Arbeitnehmers stützt, an einem fehlenden BEM scheitern.

Nimmt der Arbeitnehmer demgegenüber an einem ihm angebotenen BEM nicht teil, so kann dieser sich in einem etwaigen Kündigungsschutzprozess nicht darauf berufen, dass kein BEM durchgeführt worden sei.

Arbeitgeber sind daher gut beraten, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Arbeitnehmer sollten sich demgegenüber gut überlegen, ob sie auf die Teilnahme verzichten.

Gestaltungsmöglichkeiten

Der Erfolg eines durchzuführenden BEM ist abhängig von der Kooperation von Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie gegebenenfalls weiteren Beteiligten wie dem Betriebsrat, der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsarzt.

Da § 84 Abs. 2 SGB IX keine bestimmte Vorgehensweise für das betriebliche Eingliederungsmanagement vorschreibt, stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage, wie ein solches durchzuführen ist.

In einem ersten Schritt ist es empfehlenswert, den lang erkrankten Arbeitnehmer schriftlich zu dem BEM einzuladen. In dieser Einladung sollte dem Arbeitnehmer die Ausgangslage (Fehlzeiten) und der Sinn und Zweck für die Durchführung des BEM mitgeteilt werden. Zudem sollte der Arbeitnehmer auf die Freiwilligkeit und auf die Verwendung seiner Daten im Rahmen des BEM hingewiesen werden. Hierbei ist zu beachten, dass gemäß dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) eine schriftliche Zustimmung zur Verwendung der Daten erforderlich ist.

Stimmt der Arbeitnehmer der Durchführung des BEM zu, so wäre eine mögliche Variante, mit dem Arbeitnehmer zwei Gespräche durchzuführen. In einem ersten Gespräch könnte der Arbeitnehmer nach den Ursachen seiner Erkrankung befragt werden und ob diese ihren Ursprung im Betrieb haben während in einem zweiten Gespräch die Eingliederung des Arbeitnehmers im Vordergrund stehen könnte, insbesondere wie den betrieblichen Ursachen für die Erkrankung abgeholfen werden kann. Da keine bestimmte Form vorgeschrieben ist, können aber auch beide Aspekte in einem Gespräch behandelt werden.

Schließlich hat der Arbeitgeber in einem nächsten Schritt auch erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Ursache für die Erkrankung aus dem Weg zu räumen, wenn es solche betrieblichen Gründe gibt. Im Anschluss daran könnte mit dem Arbeitnehmer noch ein Abschlussgespräch stattfinden. Aber auch dies ist nicht zwingend.

Fazit

Das BEM bietet sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber große Vorteile. Innovative Unternehmen haben dies erkannt und nutzen dieses Mittel ganz bewusst zum Nutzen aller Beteiligten und insbesondere auch zum Imagegewinn und zur Steigerung der Profitabilität der Unternehmen.

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