BAG: Elternzeitantrag unterliegt dem strengen Schriftformerfordernis

RA/FAArbR Dr. Alexander Bissels / RAin Dr. Isabel Meyer-Michaelis, LL.M. oec., beide CMS Hasche Sigle, Köln

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Das BAG hatte die Frage zu entscheiden, ob es für das Elternzeitverlangen nach § 16 Abs. 1 BEEG ausreicht, wenn die Arbeitnehmerin den Antrag per Telefax stellt (Urteil vom 10. Mai 2016 – 9 AZR 145/15, siehe PM des BAG). Während die Vorinstanzen dies bejahten (vgl. Hessisches LAG, Urteil vom 8. Januar 2015 – 9 Sa 1079/14), verneinte das BAG das Vorliegen eines wirksamen Antrags, da für das Elternzeitverlangen die Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB erforderlich sei und diese durch ein Telefax nicht gewahrt werde.

Allgemeines zum Schriftformerfordernis

Für bestimmte Rechtsgeschäfte schreibt das Gesetz die Schriftform vor (vgl. § 126 Abs. 1 BGB). Wird sie nicht gewahrt, ist die entsprechende Erklärung nichtig (vgl. § 125 S. 1 BGB). Die Schriftform verlangt, dass das Dokument, das die Erklärung enthält, entweder eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Eigenhändigkeit liegt nur vor bei der originalen handschriftlichen Unterschrift und schließt damit jede Form der mechanischen Vervielfältigung aus (z.B. Telefax oder E-Mail). Lediglich in Ausnahmefällen kann die Geltendmachung der Formnichtigkeit treuwidrig sein, z.B. wenn die Einhaltung der Schriftform vorsätzlich verhindert wurde.

Inanspruchnahme von Elternzeit

Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahres des Kindes beanspruchen möchte, muss sie nach § 16 Abs. 1 BEEG spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen. Rechtsfolge eines formwirksamen Antrags ist, dass das Arbeitsverhältnis mit Beginn der begehrten Elternzeit ruht, ohne dass es einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. In der Praxis wird die Erklärung bezüglich der Inanspruchnahme von Elternzeit häufig auch per E-Mail oder Telefax gestellt. Ob dies ausreicht, musste nun das BAG entscheiden.

Urteil des BAG

In dem zugrunde liegenden Fall wehrte sich eine Rechtsanwaltsfachangestellte gegen eine ordentliche Kündigung. Sie argumentierte, dass sie nicht wirksam gekündigt werden könne, weil ihr der Sonderkündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 BEEG zustehe. Danach kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt nicht mehr kündigen, von dem an Elternzeit verlangt worden ist. Ein entsprechender Antrag nach § 16 Abs. 1 BEEG setzt für dessen Wirksamkeit voraus, dass dieser vor Beginn der Elternzeit schriftlich gestellt wird. Die Arbeitnehmerin hatte ihre Elternzeit allerdings nur mittels Telefax verlangt. Das BAG hat nun festgestellt, schriftlich im Sinne von § 16 Abs. 1 BEEG erfordere die Wahrung der strengen Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB. Diese sei vorliegend nicht gewahrt worden. Die Arbeitnehmerin komme daher – anders als das Hessische LAG entschieden hat – nicht in den Genuss des Sonderkündigungsschutzes.

Konsequenz der Entscheidung

Das Urteil schafft mit Blick auf die bislang umstrittene Frage, ob im Rahmen von § 16 Abs. 1 BEEG das Schriftformerfordernis nach § 126 BGB gilt, Rechtsklarheit. Relevant ist die Frage eines wirksamen Elternzeitantrags insbesondere – wie in dem der aktuellen Entscheidung des BAG zugrunde liegenden Fall – mit Blick auf den Sonderkündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 BEEG, der anknüpft an die wirksame Inanspruchnahme der Elternzeit. Darüber hinaus befreit den Arbeitnehmer aber auch nur ein formwirksamer Elternzeitantrag von der Arbeitspflicht. Adressieren Arbeitnehmer ihr Elternzeitbegehren also weiterhin lediglich per E-Mail oder Telefax an den Arbeitgeber, riskieren sie damit eine Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens am Arbeitsplatz.

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