Am VW-Gesetz liegt es nicht …

In der gerade anhebenden Debatte wird die Abschaffung des aus der Zeit gefallenen VW-Gesetzes gefordert. Doch es ist in der einzig interessanten Sache – dem Einfluss des Landes Niedersachsen und der Gewerkschaft – schon erledigt. Die Satzung der VW AG hat die kritisierten Regelungen des § 4 VW-Gesetz aufgenommen. Würde man das VW-Gesetz streichen, gälte das allgemeine Aktiengesetz und es änderte sich: nichts. Auch das AktG ermöglicht, dass in der Satzung „eine andere Kapitalmehrheit“ für satzungsändernde Beschlüsse festgelegt werden kann (§ 179 II 2 AktG; hier: § 25 II VW-AG-Satzung; bislang § 4 III VW-Gesetz). Die „Errichtung und die Verlegung von Produktionsstätten“ ist als zustimmungspflichtig in § 9 I Nr. 2 VW-AG-Satzung geregelt, das 2/3-Mehrheitserfordernis findet sich in § 15 IV VW-AG-Satzung (bislang: § 4 II VW-Gesetz). Diese Satzungsklauseln entsprechen dem allgemeinen Aktiengesetz, das in § 111 IV 2 AktG verlangt, bestimmte Arten von Geschäften der Zustimmung des Aufsichtsrats zu unterwerfen; die so benannten Gegenstände können durch die Satzung mit einer höheren AR-Beschlussmehrheit versehen werden (Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 108 Rn. 8). Das ebenfalls politisch umstrittene Entsendungsrecht des Aktionärs Land Niedersachen ist gar nicht mehr im VW-Gesetz, sondern nur in § 11 I 2 VW-AG-Satzung enthalten; es entspricht § 101 II 1 AktG.

Man sieht: Die Abschaffung des VW-Gesetzes wäre wohl ein symbolischer Akt, der allerdings materiell ohne jede Wirkung bliebe, weil das Aktiengesetz die fraglichen Bestimmungen der VW-Satzung zulässt.

Eine Änderung ergäbe sich möglicherweise auf einem Felde, das niemand interessiert. § 3 VW-Gesetz enthält einige Sonderregelungen über die Vertretung bei der Stimmrechtsausübung, etwa die Unzulässigkeit der Legitimationszession. Es ist nicht zu erkennen, dass dieser Spezialfall irgendeine Rolle spielt.

Sonst gibt es noch 3 Paragrafen, die ohne Frage überholt sind. Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft (§ 1) ist seit 1960 vollzogen; die Berlin-Klausel (§ 13) ist seit der Wiedervereinigung obsolet; das Gesetz ist in Kraft (§ 14).

Am VW-Gesetz liegt es also nicht (mehr), wenn das Amt eines Ministerpräsidenten und das Amt eines Aufsichtsrats kollidieren. Die Privatisierung der Anteile des Landes Niedersachsen hat ebenfalls mit dem VW-Gesetz nichts zu schaffen. Würde das Land einen Teil der Aktien veräußern, verlöre es die nach der Satzung (!) gegebene Sperrminorität; sinkt der Anteil unter 15%, entfällt das nach der Satzung (!) bestehende Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat.

 

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