In Ergänzung und weiterer Detaillierung der Ergebnisse der Sondierungsgespräche (vgl. dazu den Blog-Beitrag des Autors hier) haben sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag (Stand: 07.02.2018, 12:45 Uhr) jetzt unter anderem auf konkrete Änderungen im Befristungs- und Arbeitszeitrecht geeinigt. Vor allem die angekündigten Änderungen im Befristungsrecht, die sich im Ergebnispapier der Sondierungen nicht fanden, aber nach dem SPD-Sonderparteitag eine Bedingung für die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen war, schränken die durch die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung vermittelte Flexibilität von Unternehmen stark ein.
Gravierende Einschränkungen bei Befristungen
Die ohnehin schon stark begrenzte Möglichkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen wird künftig weiter limitiert:
Sachgrundlose Befristung nur noch für die Dauer von 18 Monaten
Befristungen ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes sollen nur noch für die Dauer von 18 statt bislang von 24 Monaten zulässig sein. Bis zu dieser Gesamtdauer soll nur noch eine einmalige statt einer dreimaligen Verlängerung möglich sein.
Höchstquote für sachgrundlose Befristungen von 2,5 Prozent
Zusätzlich wird eine Höchstquote für sachgrundlose Befristungen eingeführt: Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten dürfen nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen. Bei Überschreiten dieser Quote gilt jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen.
Befristungen mit Sachgrund nur noch für die Dauer von fünf Jahren
Auch Befristungen mit Sachgrund sollen eingeschränkt werden: Eine Befristung soll künftig nicht mehr zulässig sein, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben.
Bislang gibt es keine zeitliche Höchstgrenze für Befristungen mit Sachgrund. Lediglich in krassen Ausnahmefällen wurde die Befristung trotz Vorliegens eines Sachgrundes für unwirksam gehalten, wenn sich unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Gesamtdauer der Befristung und der Zahl der aufeinanderfolgenden Verträge, um eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung handelte. So hatte das BAG bei einer Gesamtdauer der Befristung von 11 Jahren und 13 aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen Rechtsmissbrauch bejaht.
Auf die neue Höchstdauer von fünf Jahren soll ein zuvor erfolgter Verleih im Wege der Arbeitnehmerüberlassung angerechnet werden. Schließlich soll ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren möglich sein.
Recht auf befristete Teilzeit
Das Recht auf befristetet Teilzeit soll kommen wie im Ergebnispapier der Sondierungen festgehalten:
- Der neue Teilzeitanspruch gilt nur für Unternehmen, die in der Regel insgesamt mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigen.
- Für Unternehmensgrößen von 46 bis 200 Mitarbeitern wird eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt: Lediglich einem pro angefangenen 15 Mitarbeitern muss der Anspruch gewährt werden. Bei der Berechnung der zumutbaren Zahlen an Freistellungen werden die ersten 45 mitgezählt. Bei Überschreitung dieser Grenze kann der Arbeitgeber einen Antrag ablehnen.
- Das Unternehmen kann eine befristete Teilzeit ablehnen, wenn sie ein Jahr unter- oder fünf Jahre überschreitet. Hiervon abweichende Regelungen durch Tarifvertrag sollen möglich sein.
- Nach Ablauf der zeitlich befristeten Teilzeit kann der Arbeitnehmer frühestens nach einem Jahr eine erneute Verringerung der Arbeitszeit verlangen.
- Während der zeitlich befristeten Teilzeit kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Arbeitszeit weder einseitig verlängern noch verkürzen oder zur früheren Arbeitszeit zurückkehren.
Arbeit auf Abruf
Die Regelungen über Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) sollen verschärft werden: Es soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass der Anteil abzurufender und zu vergütender Zusatzarbeit die vereinbarte Mindestarbeitszeit um höchstens 20 Prozent unterschreiten und 25 Prozent überschreiten darf.
Fehlt eine Vereinbarung zur wöchentlichen Arbeitszeit gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart statt wie bisher von zehn Stunden. Im Krankheitsfall und an Feiertagen soll der Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate verpflichtende Grundlage werden.
Öffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz
In das Arbeitszeitgesetz soll nun doch eine Experimentierklausel aufgenommen werden. Über diese Tariföffnungsklausel sollen tarifgebundene Unternehmen mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit bekommen. Insbesondere soll auf Grundlage dieser Tarifverträge die wöchentliche Höchstarbeitszeit durch Betriebsvereinbarungen flexibler geregelt werden können.
Fazit
Die SPD konnte zwar die in ihrem Wahlprogramm angekündigte Abschaffung der sachgrundlosen Befristung nicht durchsetzen. Allerdings hat sie in den Verhandlungen deutliche Einschränkungen im Befristungsrecht erreicht, was sich nach den Ergebnissen der Sondierungsgespräche nicht abgezeichnet hatte. Unternehmen werden sich darauf einstellen müssen, dass ihnen eines der wenigen Flexibilisierungs-Tools, die das deutsche Arbeitsrecht bietet, bald nicht mehr zur Verfügung stehen wird.