Das Arbeitsgericht Nürnberg verlängert den Sommer – oder zumindest die Erinnerung daran. Die hohen Temperaturen haben nicht nur zu neuen Hitzerekorden geführt, sondern sollen beim Playmobil-Hersteller Geobra Brandstätter auch den Betriebsfrieden beeinträchtigt haben. Das Unternehmen wirft einzelnen Betriebsratsmitgliedern vor, während der heißen Tage die Belegschaft unzulässig zu Arbeitspausen aufgerufen zu haben. Das sei eine grobe Pflichtverletzung, die betreffenden Mitglieder sollen aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden. Die Arbeitnehmervertreter sahen die Pausen dagegen als eine Verpflichtung des Unternehmens an.
Technische Regeln für Arbeitsstätten
Gesetzliche Anforderungen an die Temperatur am Arbeitsplatz finden sich in Technischen Regeln für Arbeitsstätten. Danach soll die Lufttemperatur in Arbeitsräumen 26 °C nicht übersteigen. Bei mehr als 26°C sollen, bei mehr als 30 °C müssen wirksame Maßnahmen ergriffen werden, die eine Beanspruchung der Beschäftigten reduzieren. Dazu zählen beispielsweise Reduzierung der Hitze (Einsatz von Jalousien, Nachtauskühlung, Lüftung in den Morgenstunden) und Anpassungen bei der Arbeitsleistung (Arbeitszeitverlagerung, Lockerung von Bekleidungsregeln, Bereitstellung von Trinkwasser). Überschreitet die Lufttemperatur 35 °C, so sind die Räume nicht als Arbeitsräume geeignet, sofern nicht technische (Luftduschen, Wasserschleier) oder organisatorische Maßnahmen (Entwärmungsphasen) oder persönliche Schutzausrüstung (etwa Hitzeschutzkleidung) ergriffen werden. Die genannten Maßnahmen sind nur beispielhaft, ein Arbeitgeber kann auch andere wirksame Maßnahmen ergreifen.
Einigen Betriebsratsmitgliedern gingen die ergriffenen Maßnahmen nicht weit genug, weshalb sie Arbeitnehmer zu zehnminütigen Arbeitspausen („Entwärmungsphasen“) aufgerufen haben sollen.
Verletzen Mitglieder des Betriebsrates in grober Weise ihre gesetzlichen Pflichten, kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht den Ausschluss der betroffenen Mitglieder aus dem Betriebsrat beantragen. Die „grobe Pflichtverletzung“ räumt als unbestimmter Rechtsbegriff dem Gericht einen weiten Beurteilungsspielraum ein.
Aufforderungen müssen nachgewiesen werden
Für die Betriebsratsmitglieder spricht, dass die Überwachung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Vorschriften eine der Hauptaufgaben des Betriebsrates ist. Dann hätte der Aufruf eine Abhilfe geschaffen, war also im Sinne des Unternehmens. Dagegen spricht, dass jedenfalls einzelne Mitglieder den Betriebsrat nicht vertreten und dessen Beschlüsse nicht ersetzen können. Zudem hat beispielsweise der Betriebsrat nur als Ganzes ein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Unternehmen bei Regelungen über den Gesundheitsschutz, Art. 87 Abs. 1 Nr. 7 sowie 89 BetrVG, kann also den Abschluss einer Betriebsvereinbarung erzwingen.
Für die Entscheidung über den Ausschluss der einzelnen Mitglieder aus dem Betriebsrat wird es insbesondere darauf ankommen, welche Maßnahmen das Unternehmen bereits gegen die Lufttemperaturen ergriffen hatte, wie wirksam diese waren und welche sonstigen Maßnahmen noch in Betracht kamen. Zudem wird das Unternehmen die vermeintlichen Aufforderungen zu Arbeitspausen durch die jeweiligen Betriebsratsmitglieder nachweisen müssen. Schließlich können noch sonstige Umstände in der jeweiligen Situation in Betracht kommen, ob also etwa aufgrund der stehenden Hitze Arbeitnehmer über gesundheitliche Beschwerden stöhnten oder ob andererseits starke Lüftung trotz 36°C eher zu erträglichen gefühlten Raumtemperaturen in Bereichen mit leichter körperlicher Arbeit führte.
Das Arbeitsgericht Nürnberg nimmt die Erinnerung an den Sommer jedenfalls mit in das kommende Jahr. Ein nächster Verhandlungstermin ist für Januar 2019 geplant.
Hallo, das ist ja interessant. In meinem Ausbildungsbetrieb hatten wir im Sommer des öfteren über 35 Grad. Alles was wir gemacht hatten war den betrieblichen Arbeitsanfang auf 6 Uhr früh zu legen. Wir wurden aber auch ungeheißen Überstunden zu machen. So hat es also nichts gebracht. Danke für die Infos!
afdasd