Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant die Einführung der Nachunternehmerhaftung für Betriebe der Paketbranche. Auch wenn der Gesetzesvorschlag noch nicht vorliegt, ist bereits eine rege Debatte über die Zweckmäßigkeit eines solchen Gesetzes entbrannt.
Das Thema der Nachunternehmerhaftung ist von großer praktischer Relevanz, da der Markt für Paketdienste permanent – nicht zuletzt aufgrund des stetig zunehmenden Onlinehandels – wächst. Von den fünf großen Paketdiensten (DHL, Hermes, DPD, UPS, GLS) beschäftigen Medienberichten zufolge lediglich der Marktführer DHL sowie UPS überwiegend eigene Zusteller. Bei den übrigen Betrieben wird die Paketzustellung vornehmlich durch Subunternehmen abgewickelt.
Im Rahmen der Nachunternehmerhaftung soll faktisch eine Haftung der Paketunternehmen für die eingesetzten Subunternehmer begründet werden. Bei der Nachunternehmerhaftung handelt es sich ursprünglich um ein Instrument aus der Baubranche. Im Zusammenhang mit dem Gesetzesvorschlag hat der Arbeitsminister ausdrücklich auf die Nachunternehmerhaftung aus der Baubranche Bezug genommen.
Umgehung der Haftung wird verhindert
Die Nachunternehmerhaftung in der Baubranche wurde mit dem Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit vom 23.07.2002 eingeführt. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um ein Instrument zur Haftung für Sozialversicherungsbeiträge. Gemäß § 28 e Abs. 3a SGB IV haftet ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt, für die Zahlungsverpflichtungen des Nachunternehmers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Die Haftung des Hauptunternehmers ist dabei gegenüber der Haftung des Subunternehmers subsidiär.
Sinn und Zweck der Nachunternehmerhaftung ist, dass der Hauptunternehmer als Auftraggeber für die Arbeitsbedingungen der Subunternehmer in Verantwortung genommen werden kann und damit eine Umgehung der Haftung des Hauptunternehmers, beispielsweise durch die Bildung von Bauträgergesellschaften oder ähnlicher Konstrukte, verhindert werden kann. Dies hat im Ergebnis zur Folge, dass Zustellbetriebe für Verstöße ihrer Subunternehmer gegen die Sozialversicherungspflicht selbst einstehen müssen.
Für den Hauptunternehmer bestehen dabei nur eingeschränkte Möglichkeiten, sich vom Vorwurf des Verschuldens zu befreien. Eine Exkulpation setzt voraus, dass der Hauptunternehmer gegenüber der zuständigen Einzugsstelle ausreichend nachweisen kann, dass er aufgrund sorgfältiger Prüfung davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer seine Zahlungspflicht bezüglich der Sozialversicherungsbeiträge erfüllt. Dies findet seine gesetzliche Grundlage in § 28 e Abs. 3b Satz 1 SGB IV. Der Nachweis für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht kann dabei durch die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung der zuständigen Einzugsstelle für den Nachunternehmer erfolgen (§ 28 e Abs. 3f Satz 1 SGB IV).
Hoher bürokratischer Aufwand im Nachweis
Hier zeigt sich schon einer der wesentlichen Kritikpunkte, wie er von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der den Entwurf des Bundesarbeitsministers kritisch sieht, formuliert worden ist. Der Hauptunternehmer hat nur eingeschränkte Möglichkeiten, die Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen zu kontrollieren. In der Praxis stehen Lieferunternehmen, die ein regelkonformes Verhalten zu gewährleisten haben, vor hohem bürokratischen Aufwand im Nachweis, sowie gleichzeitig vor einem unwägbaren Risiko, da eine unmittelbare und permanente Kontrolle nicht möglich ist.
Da die Aufgabe der Kontrolle der Sozialversicherungsbeiträge grundsätzlich dem Zoll zusteht, führt die Nachunternehmerhaftung faktisch dazu, dass die Aufgabe der Kontrolle einer Partei übertragen wird, der im Grundsatz keine Kontrollbefugnis zusteht. Unter Berücksichtigung der Verpflichtungen, die Lieferunternehmen übertragen werden, richtet sich das Gesetzesvorhaben somit in erster Linie nach den Interessen der Arbeitnehmer.