Der BGH hat in einem neuen Urteil (v. 8.1.2019, II ZR 364/18, DB 2019, 776) sehr bedeutsame Aussagen für die Transaktionspraxis getroffen. Wer das Unternehmen einer GmbH von deren Geschäftsführer erwirbt (asset deal), den trifft eine „Erkundigungsobliegenheit“ (Rn. 42), ob die Gesellschafter diesem Geschäft auch zugestimmt haben. Sonst kann es sein, dass die Transaktion nach den Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht scheitert. Wäre § 179a AktG entsprechend bei der GmbH anzuwenden, würde der Erwerb schon wegen der fehlenden Vertretungsmacht des Geschäftsführers fehlgehen. Doch diese Analogie hat der BGH ausführlich mit überzeugenden Gründen abgelehnt.
Über die Veräußerung des Unternehmens, mithin des gesamten Vermögens der GmbH, haben die Gesellschafter zu beschließen. Den Geschäftsführer trifft eine Vorlagepflicht an die Gesellschafterversammlung, wenn eine solche gravierende Maßnahme im Raum steht. Wird diese Pflicht missachtet, fehlt es an der Geschäftsführungsbefugnis für die Unternehmensveräußerung. Die Vertretungsmacht bleibt formal bestehen, doch mit der Figur des Missbrauchs der Vertretungsmacht kommt man in der Regel zum selben Ergebnis wie bei analoger Anwendung des § 179a AktG: „Einem verständigen Vertragspartner muss klar sein, dass der Geschäftsführer die GmbH nicht ohne Zustimmung der Gesellschafter unternehmenslos stellen kann.“ (Rn. 41).
So weit so gut. Doch was gilt, wenn es nicht um das Unternehmen als Ganzes, sondern um einzelne wichtige Unternehmensgegenstände geht?
Dazu heißt es im Urteil: „Aber auch, wenn – wie vorliegend – mit einer Immobilie nur ein einzelner Vermögensgegenstand übertragen werden soll, kann es sich nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen, dass der Geschäftsführer das Geschäft wegen seiner Bedeutung für die Gesellschaft nicht ohne Rückversicherung bei den Gesellschaftern vornehmen kann … Bei der Veräußerung eines Einzelgegenstands kann sich der Missbrauch aufdrängen, wenn der Vertragspartner erfährt, dass ein maßgebender Gesellschafter mit dem Geschäft nicht einverstanden ist.“ (Rn. 41, 42).
Das sind durchaus problematische Aussagen. Wann eine Vorlagepflicht des Geschäftsführers bei ungewöhnlichen Geschäften besteht, ist in der Fachliteratur sehr umstritten (dazu Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 37 Rn. 7 ff). Besteht sie, fehlt die Befugnis zur Geschäftsführung; ohne Zustimmung darf das Geschäft nicht durchgeführt werden – aber es kann! Dass ein wie auch immer erkennbares kompetenzwidriges Handeln (ohne Schädigung) zur Unverbindlichkeit des Außenrechtsgeschäfts führt, ist grundsätzlich abzulehnen. Damit wird § 37 Abs. 2 GmbHG beiseitegeschoben und die „ultra-vires“-Lehre durch die Hintertür eingeführt. Die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht des Leitungsorgans der Gesellschaft, festgelegt durch Art. 9 der Richtlinie (EU) 2017/1132 v. 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, kann durch diese Konstruktion schwerlich in der Sache konterkariert werden. Dass ein „maßgebender Gesellschafter“ (?), welcher erkennbar opponiert, die Vertretung durch den amtierenden Geschäftsführer beeinträchtigen soll können, ist inakzeptabel. Oft streiten Gesellschafterstämme, was auch dem Geschäftsverkehr bekannt ist; erinnert sei an Media-Saturn (BGH v. 12.4.2016 – II ZR 275/1, DB 2016, 1427). Macht man mit der zitierten Aussage ernst, wäre bei wichtigen Geschäften die GmbH gelähmt, da ein Dritter nicht mehr sicher sein kann, dass angesichts des Zanks die Vertretungsmacht des Geschäftsführers hinreicht.