Das Bundeskartellamt hat am 25.03.2021 den lang erwarteten Startschuss für das bundesweite Wettbewerbsregister gegeben. Staatsanwaltschaften und weitere Behörden, die künftig elektronisch Rechtsverstöße an das Register übermitteln, ebenso wie öffentliche Auftraggeber als Auskunftsberechtigte können sich ab sofort registrieren. Sechs Monate, nachdem das BMWi die Anwendbarkeit der neuen Regeln im Bundesanzeiger veröffentlicht hat, wird es dann ernst für Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben.
Eintrag im Wettbewerbsregister als Indiz für Unzuverlässigkeit
Das Wettbewerbsregister dient der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität, indem es Informationen über Gesetzesverstöße durch Unternehmen zur Verfügung stellt. Öffentliche Auftraggeber können Gesetzesverstöße als Ausweis der Unzuverlässigkeit eines Bieters berücksichtigen und ihn vom Vergabeverfahren ausschließen. Ein Automatismus besteht nicht: Auch bei einer Eintragung muss der Auftraggeber über den Ausschluss des Bieters weiter nach den materiellen Kriterien des Vergaberechts entscheiden. Ein einfacher Verweis auf die Eintragungen ist ein Ermessensfehler, der die Auftragsvergabe angreifbar macht. Dennoch dürfte mit der Eintragung für einen Bieter meist eine substantielle Beeinträchtigung seiner Chancen auf den Zuschlag einhergehen.
Das Wettbewerbsregister erfasst Verstöße gegen bestimmte Straf- und Bußgeldvorschriften wie etwa Betrug, Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Bestechung oder Vorteilsgewährung sowie Verstöße gegen bußgeldbewehrte Vorschriften aus dem Arbeits- und Kartellrecht. Eine Eintragung des Unternehmens erfolgt, wenn der Verstoß einer natürlichen Person dem Unternehmen zurechenbar ist. Außerdem muss die zugrunde liegende Entscheidung rechtskräftig sein; bei Kartellverstößen genügt der Erlass des Bescheids.
Öffentliche Auftraggeber sind vor der Erteilung eines Zuschlags im Wert von mehr als 30.000 Euro verpflichtet, Einträge jedes Bieters beim Register abzufragen. Private Personen und Unternehmen – einschließlich privater Sektorenauftraggeber – haben keinen Zugriff auf das Register.
Selbstauskunftsrecht und Selbstreinigungsoption für Unternehmen
Unternehmen können einmal pro Jahr Selbstauskunft über ihre Eintragungen im Wettbewerbsregister verlangen, nur bei berechtigtem Interesse häufiger. Vor einer Eintragung erhalten sie Gelegenheit zur Stellungnahme. Obgleich das Gesetz keinen Eilrechtsschutz vorsieht, ist bei verfassungskonformer Auslegung davon auszugehen, dass Unternehmen angesichts der existenzgefährdenden Wirkung auch vorläufiger Rechtsschutz gegen die Eintragung zusteht.
Eine Eintragung in das Wettbewerbsregister wird drei Jahre, bei schwerwiegenden Straftaten fünf Jahre nach Rechtskraft der zugrundeliegenden Entscheidung gelöscht. Das Unternehmen kann jedoch eine vorzeitige Löschung durch die sogenannte Selbstreinigung erreichen. Dazu muss es nachweisen, dass es Maßnahmen zur Schadensregulierung getroffen, mit den Ermittlungsbehörden aktiv zusammengearbeitet und Vorsorgemaßnahmen getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich Rechtsverstöße künftig wiederholen.
Gelingt der Nachweis der Selbstreinigung gegenüber dem Kartellamt, dürfen Auftraggeber den Gesetzesverstoß, der zum Eintrag in das Wettbewerbsregister geführt hat, nicht mehr zulasten des Unternehmens berücksichtigen. Scheitert er, kann das Unternehmen dem Auftraggeber aber immer noch im konkreten Vergabeverfahren seine Selbstreinigung nachweisen.
Ausblick: Selbstreinigung bei der Compliance bedenken
Das Wettbewerbsregister verschärft die Notwendigkeit, die Selbstreinigung als einen zentralen Baustein der Compliance-Strategie zu behandeln. Unternehmen, gegen die ein Bußgeld- oder Strafverfahren läuft, sollten noch während des laufenden Verfahrens Selbstreinigungsmaßnahmen dokumentieren, um frühzeitig einen Antrag auf Löschung des Eintrags im Wettbewerbsregister stellen zu können. Das Bundeskartellamt ist zugleich gefordert, durch klare und pragmatische Vorgaben einen praktikablen Rahmen für die Selbstreinigung zu schaffen.