Drum prüfe wer sich ewig an Agenturen bindet, ob sich darin nicht eine unangemessene Benachteiligung findet

RA/FAArbR Dr. Jannis Kamann, Partner bei michels.pmks Rechtsanwälte in Köln

Das Agentur- und Beratergeschäft im Bereich von Models, Sportlern, Musikern, Schauspielern oder sonstigen Künstlern ist immer auch eine Wette auf die Zukunft. Kann das vielversprechende Talent in den nächsten Jahren, das halten, was es oder man sich von ihm verspricht? Wird der Rohdiamant bald ein strahlendes und gewinnbringendes Juwel? Oder fehlte am Ende doch das Quäntchen Glück, der Ehrgeiz, die Leistungsbereitschaft, das richtige Angebot zur richtigen Zeit?

Bevor diese Fragen beantwortet werden, bedarf es in der Regel einer Vorleistung der Agentur. Je nach Güte und Seriosität kümmert sie sich schließlich um die Karriere ihrer Talente, inklusive Karriereplanung, Presse- und PR-Aktivitäten, Kontrolle von Bild- und Werberechten, Aushandeln von Verträgen und Suchen nach Aufträgen. Gute Berater stellen dafür ihre gute Branchenkenntnis und ihr Netzwerk zur Verfügung. Es dürfte sich von selbst verstehen, dass dies nicht aus altruistischen Motiven erfolgt, sondern damit eine Vergütungserwartung verbunden ist. Nicht selten kommt es vor, dass sich Agenturen einen Anteil (10%, 15%, 20%) aller Einnahmen der Klienten als Gegenleistung versprechen lassen. Gerade dann aber, wenn eine Karriere erst am Beginn steht, ist die Vergütung oftmals gering, während sie im Laufe der Jahre und im Falle des Erfolges steigt. Dann aber treten eventuell die Konkurrenten auf den Plan und versuchen den erfolgreichen Mandanten abzuwerben, mit besseren Konditionen oder anderen lukrativen Versprechungen. So könnte es geschehen, dass derjenige, der die Karriere aufgebaut hat, der vielleicht sogar dadurch zunächst in finanzielle Vorleistung getreten ist, in die Röhre schaut, wenn die großen Fleischtöpfe zu verteilen sind. Vor diesem Hintergrund ist das Bestreben von Agenturen an langfristigen Bindungen verständlich. Doch auch der Klient darf hier nicht vergessen werden und bedarf Schutz. Denn natürlich ist ein Beraterwechsel nicht immer nur finanziell getrieben. Egal ob in der Modelbranche, dem Profisport oder im Musikbusiness. Unseriöse Beratungsagenturen finden sich in all diesen Bereichen wie Sand am Meer. Und hat man sich nun an einen solchen zwielichtigen und vielleicht sogar schlechten Berater jahrelang gebunden, so ist das Interesse natürlich groß, den Vertrag spätestens dann zu beenden, wenn das Vertrauen unwiderruflich zerstört ist. Hier greift dann § 627 BGB ein, der in einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist, die Kündigung auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes für zulässig erklärt wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Falls das Vertrauen zwischen den Parteien gestört oder zerstört ist, können beide Seiten das Dienstverhältnis außerordentlich kündigen. Dies ist natürlich für Agenturen ein Schreckensszenario, zumal die bloße Behauptung des Kündigenden genügt, dass das Vertrauen zerstört sei. Daher sind sie oftmals bestrebt, § 627 BGB vertraglich auszuschließen.

Die Entscheidung des OLG Celle

So war es auch im Fall, der dem Urteil des OLG Celle vom 01.04.2021 – 13 U 10/20 zugrunde lag. Die klagende Agentur nahm das beklagte Model im Wege der Stufenklage zunächst auf Auskunft über ihre Einnahmen als Model in Anspruch, um darauf aufbauend später etwaige Provisionsansprüche aus einem von der Beklagten gekündigten Managementvertrag beziffern zu können. Die Parteien schlossen im Jahr 2012 einen Managementvertrag. Die Beklagte ist ein international tätiges Fotomodell, die die Klägerin gemäß § 1 Ziffer 1 des Managementvertrages exklusiv mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zur Förderung ihrer Karriere als Model beauftragte. § 5 Ziff. 1 des Vertrages regelte die Laufzeit des Vertrages bis zum 30. Juni 2017 mit einer Verlängerung um jeweils 24 Monate, wenn nicht zuvor eine Vertragspartei mit einer Frist von 9 Monaten zum Ablauftermin kündigte. Das gesetzliche Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund blieb gemäß § 5 Ziff. 2 ausdrücklich unberührt. In § 5 Ziff. 2 des Vertrages hieß es weiter: „§ 627 BGB wird ausgeschlossen.“ Im Oktober 2018 erklärte die Beklagte die außerordentliche, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Managementvertrages. Die Klägerin bestätigte die Vertragsbeendigung lediglich zum Juni 2019, obwohl die 9-monatige Kündigungsfrist gemäß dem Managementvertrag nicht eingehalten worden war. Die Beklagte arbeitete ab dem Zeitpunkt der Kündigung mit einer anderen Modelagentur zusammen.  Das Landgericht wies die Stufenklage insgesamt ab, weil es die Kündigung der Beklagten nach § 627 BGB für wirksam erachtete. Dagegen richtet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge (soweit nicht bereits auf der ersten Stufe zu einem kleinen Teil übereinstimmend für erledigt erklärt) weiterverfolgte.

Doch auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Das OLG Celle wies diese zurück, da der Klägerin gegen die Beklagte keine Ansprüche aus dem Managementvertrag mehr zustünden. Die Beklagte habe den Vertrag wirksam nach § 627 BGB im Jahr 2018 außerordentlich gekündigt. Dem stehe auch der § 627 BGB ausschließende Passus des Agenturvertrags nicht entgegen, weil dieser als Allgemeine Geschäftsbedingung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB – jedenfalls in Verbindung mit weiteren Bestimmungen im Managementvertrag – nicht stand, weil sie die Beklagte unangemessen benachteilige. Problematisch sei in diesem Zusammenhang insbesondere die Dauer der festen Vertragslaufzeit von erstmalig fünf Jahren mit einer Verlängerung um jeweils weitere zwei Jahre, wenn der Vertrag nicht zuvor mit einer Frist von neun Monaten gekündigt wird. Dies sei unter Berücksichtigung der besonderen Interessenlage der Parteien zu lang.

Praxishinweise

Die Entscheidung des OLG Celle zeigt zweierlei. Zum einen hält das OLG Celle ausdrücklich fest, dass es dem Senat nicht von vornherein als unzulässig erscheine, das Kündigungsrecht nach § 627 Abs. 1 BGB in einem Managementvertrag für eine gewisse Zeit auszuschließen. Wenn dies aber mit außergewöhnlich langen Vertragslaufzeiten verbunden werde, so werden hier die Interessen der Agenturklienten nicht angemessen berücksichtigt. Der sehr ausgewogenen Entscheidung ist zuzustimmen, zumal § 627 BGB in einem schwierigen Berater- und Agenturumfeld auch dazu dienen kann, die Motivation der Berater an werthaltigen und gewinnbringenden Leistungen zu erhöhen. Durch einen generellen Ausschluss dieser Norm würde das vertragliche Risiko weitgehend auf den Klienten übertragen, was nicht interessengerecht erscheint. Allerdings wird es wohl vertretbar sein, einen befristeten Ausschluss des Kündigungsrecht des § 627 BGB zu vereinbaren. Eine Bindungsdauer von 2 Jahren erscheint hier angemessen. Bei der Gestaltung solcher vertraglicher Konstellationen sollten sich aber beide Parteien dringend rechtliche Unterstützung zur Seite nehmen.

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