Das BAG hat sich in einer Entscheidung aus Oktober 2021 (Az. 7 ABR 34/20) klar positioniert, welche Mitbestimmungsrechte dem Betriebsrat bei der Beendigung des Home Office im Hinblick auf einzelne Arbeitnehmende zukommen. Es bleibt dabei, dass es nicht Aufgabe des Betriebsrats ist, im Detail zu überprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung (hier: die Beendigung des Home Office), sinnvoll ist. Das BAG hält zudem daran fest, dass das Mitbestimmungsrecht kein Instrument der umfassenden Vertragsinhaltskontrolle darstellt: Fragen, die die individualrechtliche Wirksamkeit der Maßnahme betreffen, begründen keinen Zustimmungsverweigerungsgrund.
Bis März 2022 mussten Arbeitgeber ihren Arbeitnehmenden grundsätzlich Home Office anbieten. Diese pandemiebedingte gesetzliche Schutzmaßnahme ist ersatzlos entfallen. Die Einführung eines Rechts auf Home Office wird zwar nach wie vor politisch prominent diskutiert; ob, wann und wie konkret dies umgesetzt werden wird, ist aber nach wie vor nicht absehbar.
Während es noch zu Beginn der Pandemie vielerorts Überlegungen zu einer vollständigen Aufgabe der physischen Anwesenheit im Betrieb gab, haben einige Arbeitgeber zwischenzeitlich festgestellt, dass die physische Präsenz im Betrieb die Identifikation mit dem Unternehmen und das Betriebsklima erheblich fördert und sich für einen Mittelweg entschieden. In einzelnen Bereichen sind Arbeitgeber auch zu der Erkenntnis gelangt, dass Home Office allenfalls in geringem Umfang „funktioniert“.
Konsequenz hiervon ist, dass das vereinbarte Home Office einzelner Arbeitnehmender wieder eingeschränkt werden muss. Hiergegen wehren sich nicht nur Arbeitnehmende, auch Betriebsräte versuchen vermehrt, den Arbeitnehmenden die Vorteile der Arbeit außerhalb des Betriebs zu erhalten.
Erfreulich für Arbeitgeber ist, dass das BAG der Mitbestimmung bei personellen Maßnahmen eine Grenze gesetzt hat: Die Auffassung des Betriebsrats, die unternehmerische Maßnahme sei nicht sinnvoll, begründet jedenfalls keinen Zustimmungsverweigerungsgrund.
Zunächst hat das BAG erneut hervorgehoben, dass eine Veränderung des regelmäßigen Arbeitsortes für einen Zeitraum von über einem Monat selbst dann eine Versetzung darstellt, wenn sich weder die Arbeitsaufgabe ändert noch Arbeitnehmende in eine andere organisatorische Einheit eingegliedert werden. Die „Rückholung“ von Arbeitnehmenden in den Betrieb ist daher eine mitbestimmungspflichtige Versetzung.
Keine Prüfung durch den Betriebsrat, ob die Beendigung individualrechtlich zulässig ist
Bei einer „Rückholung“ von Arbeitnehmenden in den Betrieb kommt es nur darauf an, ob gesetzliche oder kollektivrechtliche Regelungen einer tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmenden im Betrieb entgegenstehen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats dient nicht dazu, dass dieser eine umfassende Vertragsinhaltskontrolle vornimmt. Selbst wenn eine kollektivrechtliche Regelung es dem Arbeitgeber untersagt, das Home Office zu beenden, wenn Interessen der Arbeitnehmenden entgegenstehen und diese das auch im konkreten Fall tun, mag das den Arbeitnehmenden ermöglichen, sich individualrechtlich gegen die Versetzung erfolgreich zu wehren, dem Betriebsrat gibt dies jedoch kein Zustimmungsverweigerungsrecht.
Betriebliche Gründe, die eine Benachteiligung von Arbeitnehmenden begründen, sind nur bedingt nachprüfbar
Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer „Rückholung“ von Arbeitnehmenden in den Betrieb verweigern, wenn hierdurch betroffene Arbeitnehmende benachteiligt werden. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Benachteiligung aus in der Person liegenden oder betrieblichen Gründen gerechtfertigt ist. Bereits der für die Arbeitnehmenden längere Arbeitsweg stellt einen Nachteil dar, der gerechtfertigt sein muss.
Das BAG hat zum Kündigungsschutz ausgeführt, dass unternehmerische Entscheidungen der gerichtlichen Kontrolle grundsätzlich entzogen sind. Es obliege seiner unternehmerischen Freiheit, wie der Arbeitgeber seinen Betrieb organisiere. Eine Einschränkung ist nur dann vorzunehmen, wenn die unternehmerische Entscheidung und der Kündigungsentschluss zusammenfallen, etwa, weil der Abbau einer Hierarchieebene nur zum Entfall eines einzigen Arbeitsplatzes führt. In einem solchen Fall greife die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen. Der Arbeitgeber muss dann seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit rechtfertigen.
Diese Grundsätze hat das BAG nunmehr auch auf Fälle der Versetzung übertragen. Ist die unternehmerische Entscheidung deckungsgleich mit der Versetzungsentscheidung, finde nicht allein eine Willkürkontrolle statt. Die Entscheidung müsse vielmehr auf sachlich nachvollziehbaren plausiblen Gründen beruhen. Ist dies der Fall, liegen betriebliche Gründe für die Benachteiligung der Arbeitnehmenden vor. Für eine Beendigung des Home Office ist es nach dem BAG insbesondere ein hinreichender sachlicher Grund, dass der Arbeitgeber davon ausgeht, dass durch eine Anwesenheit der Arbeitnehmenden im Betrieb eine notwendige kurzfristige Abstimmung besser möglich sei.
Fazit
Neben der Prüfung, ob es individualrechtlich möglich ist, Arbeitnehmende wieder in den Betrieb „zurückzuholen“, ist Arbeitgebern zu raten, bereits im Vorfeld der Betriebsratsbeteiligung zu dokumentieren, warum dies organisatorisch umsetzbar ist und hierfür sachlich nachvollziehbare plausible Gründe vorliegen.
Nachvollziehbar ist es insbesondere, wenn der Arbeitgeber davon ausgeht, dass durch eine verstärkte Anwesenheit im Betrieb eine Abstimmung zwischen den Arbeitnehmenden besser möglich ist. Zu dokumentieren wäre in diesem Fall jedoch auch, warum eine solche kurzfristige Abstimmung, etwa aufgrund Projektarbeit im Team, betrieblich notwendig ist.
Gelingt die Darlegung einer nachvollziehbaren Entscheidung, verbietet sich eine weitergehende Prüfung des Betriebsrats, ob diese sinnvoll ist.