Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments erarbeitet derzeit einen Vorschlag zur Harmonisierung des Insolvenzrechts. Zuständiger Berichterstatter ist der Ausschussvorsitzende, Klaus-Heiner Lehne. Vorangegangen war eine Expertenanhörung im Rechtsausschuss zu diesem Thema. Die eingeladenen Praktiker und Wissenschaftler sollten diejenigen Bereiche im nationalen Insolvenzrecht identifizieren, die für eine Harmonisierung geeignet erscheinen.
Der Berichterstatter will behutsam vorgehen und sich auf die Aspekte im Insolvenzrecht zu konzentrieren, die einer Rechtsangleichung der 27 mitgliedstaatlichen Insolvenzordnungen leicht zugänglich sind. Folgende Themen kristallisierten sich als vordringlich, aber auch möglich für eine Teilharmonisierung heraus: Zulässigkeit und Voraussetzungen der Insolvenzeröffnung, die Erfüllung von Rechtsgeschäften, die Insolvenzanfechtung, die Anmeldung von Forderungen sowie die Rolle des Insolvenzverwalters.
Außerdem forderten die Experten Vorschläge zur verbesserten Zusammenarbeit von Behörden, Gerichten und Insolvenzverwaltern. Eine funktionierende Zusammenarbeit spielt u. a. dann eine besonders wichtige Rolle, wenn es um grenzüberschreitende Insolvenzen geht. Konkret hat man hier die Fälle vor Augen, in denen einzelne Unternehmen innerhalb einer europaweiten Konzernstruktur insolvent werden.
Getragen wird die Initiative des Rechtsausschusses von dem politischen Willen, europäischen Unternehmen einerseits einen Rechtsrahmen zu bieten, der ihnen bei drohender Insolvenz eine „zweite Chance“ gibt. Andererseits sollen Firmen aber auch „in Würde sterben“ können, wenn es keine Aussicht auf Rettung mehr gibt.
Der Vorstoß des Rechtsausschusses ist technisch ein so genannter legislativer Initiativbericht nach Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU. Damit fordern die EU-Abgeordneten die Europäische Kommission auf, einen Gesetzgebungsvorschlag zu unterbreiten. Der Bericht des Rechtsausschusses soll Ende Juni vorliegen. Die Verabschiedung im Plenum ist für Herbst geplant.