Eigentlich sollte die Einführung des Gutglaubensschutzes für die Gesellschafterlisten im Zuge der GmbH-Reform durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts (MoMiG), in Kraft seit 1. 11. 2008, eine Erleichterung für den Rechtsverkehr bringen. Betrachtet man jedoch die zahlreichen und nicht enden wollenden Entscheidungen und Aufsätze rund um die Gesellschafterliste, so mag die Frage erlaubt sein, ob die Gesetzesänderung nicht mehr Themen aufgeworfen als sie gelöst hat. Anders als z. B. das Grundbuch genoss die Gesellschafterliste einer GmbH, die im Handelsregister einsehbar ist, bis zur Gesetzesänderung keinen sogenannten Gutglaubensschutz.
Das bedeutet, dass jemand, der die Gesellschafterliste beim Handelsregister einsah, sich nicht auf deren Richtigkeit verlassen konnte und damit z. B. auch nicht wusste, ob den dort Eingetragenen das Recht an den Geschäftsanteilen überhaupt zustand. Insbesondere bei Unternehmenskäufen war dies eine Hürde, die auch gerade im Ausland sehr schwer vermittelbar war. Aus diesem Grund wurde durch das MoMiG mit § 16 Abs. 3 GmbHG ein begrenzter Gutglaubensschutz eingeführt. Seitdem können sich Erwerber von Geschäftsanteilen an einer GmbH darauf verlassen, dass diejenige Person, die mindestens drei Jahre in der Gesellschafterliste eingetragen ist, auch die Eigentümerin des betreffenden Geschäftsanteils ist. Ausnahmen gelten z. B., wenn der erwerbenden Person die Fehlerhaftigkeit der Gesellschafterliste bekannt war.
Was in der Theorie sicher zu begrüßen ist, da es mehr Rechtssicherheit schafft, hat in der juristischen Praxis zu einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen und Aufsätzen über Inhalt und Form der Gesellschafterliste geführt.
In einem Beschluss vom 1. 3. 2011 (Az. II ZB 6/10, DB 2011 S. 8) hat sich jüngst der BGH zur Nummerierung der Gesellschafterliste geäußert. § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verlangt, dass die Gesellschafterliste in einer laufenden Nummerierung geführt wird. Der BGH hat in seinem Beschluss klargestellt, dass eine Umnummerierung bei abgetretenen Geschäftsanteilen in der Gesellschafterliste dann zulässig ist, wenn jeder der Geschäftsanteile durch die Angabe der bisherigen Nummerierung weiterhin zweifelsfrei identifizierbar bleibt. Das bedeutet, dass es nunmehr höchst richterlich bestätigt ist, dass das Gesetz keine zwingenden Vorgaben hinsichtlich der Nummerierung in der Gesellschafterliste macht, soweit der Begriff der „laufenden Nummern“ erfüllt bleibt. Für die Praxis ist dies eine hilfreiche Klarstellung. Von der wirksamen Eintragung in der Gesellschafterliste hängt nämlich gem. § 16 GmbHG die Ausübung der Rechte der neuen Anteilseigner gegenüber der Gesellschaft, also z. B. Beschlussfassungen der Gesellschafterversammlung, ab.
Auch für die Notare hat der Beschluss des BGH mehr Rechtssicherheit geschaffen. Diese haben seit der Gesetzesänderung von 2008 die Pflicht, eine neue Gesellschafterliste zum Registergericht einzureichen, wenn sie an einer Veränderung der Anteilseigner mitgewirkt haben. Korrespondierend zu dieser Pflicht räumt der BGH den Notaren nun ein Beschwerderecht ein, weigert sich das Registergericht eine von ihnen eingereichte Gesellschafterliste aufzunehmen. Der BGH begründet dies damit, dass Notaren durch die Gesetzesänderung eine eigene Amtspflicht zukomme, die auch ein eigenes Beschwerderecht zugestehe.
Kurz nach der Entscheidung des BGH hat das OLG München mit einem Beschluss vom 11. 3. 2011 (Az. 31 Wx 162/10, DB 2011 S. 757) zusätzlich zur Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines Geschäftsanteiles Stellung genommen. Ausgangspunkt war hier, dass die Aufnahme eines Widerspruchs in die Gesellschafterliste beantragt wurde. Der bestehende Gesellschafter hatte seine Geschäftsanteile aufschiebend bedingt übertragen und war damit zwar formell noch Gesellschafter aber nicht mehr verfügungsberechtigt. Um einen möglichen Zweiterwerb zu verhindern, beantragte der Erwerber daher, zur Zerstörung des Gutglaubensschutzes der durch MoMiG geschaffen wurde, einen Widerspruch einzutragen. Das OLG München lehnt dies mit der Begründung ab, dass beim Erwerb eines GmbH-Geschäftsanteiles nur der gute Glaube an die Anteilsinhaberschaft des Veräußerers, nicht aber dessen uneingeschränkte Verfügungsbefugnis geschützt sei. Im Fall einer aufschiebend bedingten Veräußerung von Geschäftsanteilen finde deshalb ein gutgläubiger Zwischenerwerb durch einen Dritten nicht statt. Die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste sei daher weder erforderlich noch zulässig.
Ob sich das OLG München mit dieser Auffassung durchsetzen wird, bleibt fraglich, die Beschwerde zum BGH ist bereits anhängig. Inhaltlich überzeugt der Beschluss nicht, da im Rechtsverkehr der Glaube an das Eigentum mit dem Glauben an die Verfügungsbefugnis regelmäßig zusammenfallen wird. Eine diesbezügliche Trennung des Gutglaubensschutzes erscheint daher realitätsfern. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH diesbezüglich entscheiden wird. Sicher aber ist, dass ein Ende der Themen rund um Gesellschafterliste und Gutglaubensschutz beim Erwerb von Geschäftsanteilen noch nicht in Sicht ist.