In Deutschland regelt das Arbeitnehmererfindergesetz die Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern hinsichtlich patent- und gebrauchsmusterfähigen Erfindungen sowie technischen Verbesserungsvorschlägen – wobei die Interessen sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer in einen gerechten Ausgleich gebracht werden sollen. Entscheidend für die weiteren Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers (hier insbesondere auch für die Frage der Vergütungsverpflichtung) ist dann die Einordnung entweder als Diensterfindung oder als freie Erfindung.
Das Arbeitnehmererfindergesetz wurde seit seinem Inkrafttreten im Jahr 1957 nur wenig weiterentwickelt – dies insbesondere auch, da sich die grundlegenden Prinzipien des Gesetzes bewährt haben. Im Jahr 2009 erfolgte nun eine umfangreiche Novellierung des Arbeitnehmererfindergesetzes. Für die Praxis entscheidend ist hierbei, dass die Novellierung des Arbeitnehmererfindergesetzes mit Wirkung zum 1. 10. 2009 in Kraft getreten ist. Dabei gilt das neue Arbeitnehmererfindergesetz nur für Erfindungsmeldungen, die nach dem 1. 10. 2009 beim Arbeitgeber eingehen. Für Erfindungsmeldungen, die bis zum 30. 9. 2009 beim Arbeitgeber eingegangen sind, gelten die bisherigen Vorschriften weiter.
Mit Datum des 12. 4. 2011 verkündete der BGH (Urteil – X ZR 72/10, DB 2011 S. 1396) eine Entscheidung zur Thematik der Inanspruchnahme einer Diensterfindung durch den Arbeitgeber. Neben der eigentlichen Entscheidung des BGH zur Frist zur Inanspruchnahme und der Kenntnis des Arbeitgebers von einer Diensterfindung fällt hierbei ein weiterer Aspekt in den Urteilsgründen auf. In der Entscheidung beschäftigt sich der BGH vorab mit der Fragestellung, ob das Berufungsgericht den Streitfall nach der zutreffenden Fassung des Arbeitnehmererfindergesetzes beurteilt habe.
Diese Ausführungen des BGH haben für die Praxis erhebliche Relevanz hinsichtlich der Anwendung der entsprechenden Fassung des Arbeitnehmererfindergesetzes.
- Rechtsübergang von Diensterfindungen: Nach der alten Fassung des Arbeitnehmererfindergesetzes musste ein Arbeitgeber eine Diensterfindung eines Arbeitnehmers ausdrücklich in Anspruch nehmen, um die Rechte einer Diensterfindung zu erwerben. Durch die Novellierung ergab sich eine Änderung dahingehend, dass Rechte an einer Diensterfindung zukünftig automatisch auf den Arbeitgeber übergehen, falls dieser die Diensterfindung nicht innerhalb von vier Monaten nach Eingang der ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung freigibt.
- Schriftform: Die alte Fassung des Arbeitnehmererfindergesetzes sieht für alle maßgeblichen Erklärungen die Schriftform vor – und damit das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift. Mit der Novellierung wurde nun eine Vereinfachung herbeigeführt, da die sogenannte Textform für nahezu alle geregelten Bereiche als maßgeblich eingeführt wurde. Einer eigenhändigen Unterschrift bedarf es für die Erklärung in Textform nicht mehr, so dass auch Erklärungen per E-Mail oder Telefax möglich sind.
Bereits am Beispiel dieser beiden ausgewählten Änderungen lässt sich die Bedeutung der Prüfung der anzuwendenden Fassung des Arbeitnehmererfindergesetzes erkennen – durch Verkennung der anzuwendenden Fassung des Gesetzes könnten sich schwerwiegende Folgen bei der rechtlichen Beurteilung eines Sachverhalts ergeben.
Für die Praxis bedeutet dies auch, dass interne Prozesse z. B. hinsichtlich der Inanspruchnahme bzw. der Freigabe von Diensterfindungen, aber auch neu abzuschließende Arbeitsverträge an diese Neuregelungen angepasst werden müssen. Denn durch die in der Praxis umgesetzten Regelungen des Arbeitnehmererfindergesetzes kann ein maßgeblicher Beitrag dazu erfolgen, dass Patentanmeldungen aus Arbeitnehmererfindungen zügig durch die Unternehmen veranlasst werden können. Und nur auf diese Weise kann letztlich der Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland für den internationalen Wettbewerb gestärkt werden.