Mit Leitsatzurteil des Neunten Senats (BGH Urteil vom 19. 5. 2011 – IX ZR 9/10, DB 2011 S. 1326) hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und ausdrücklich festgestellt, dass eine an den Gläubiger gerichtete harte Patronatserklärung der Muttergesellschaft weder die objektive Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft, noch die darauf bezogene Kenntnis des Gläubigers beseitigt.
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte die von dem Insolvenzverwalter beklagte Bank einen von ihr gegenüber der Schuldnerin eingeräumten Kontokorrentkredit durch zwei Zahlungseingänge gemindert, und zwar drei Tage bevor sie die Kontobeziehung zu der Schuldnerin aufgrund erheblicher Überziehung der Kreditlinie kündigte. Auf den am nächsten Tag gestellten Eigenantrag der Schuldnerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde rund zwei Monate später dann das Insolvenzverfahren eröffnet. Gut einen Monat vor Verrechnung der Zahlungseingänge hatte der alleinvertretungsberechtigte Vorstand einer (Groß-) Muttergesellschaft gegenüber der Bank eine Patronatserklärung abgegeben. Der Insolvenzverwalter klagt nun auf Erstattung der entsprechenden Beträge.
Bei einer Patronatserklärung handelt es sich um ein Sicherungsinstrument, durch das vorwiegend Gesellschaften Verbindlichkeiten ihrer Tochtergesellschaften gegenüber Dritten absichern und somit in der Regel deren Kreditwürdigkeit erhöhen. Dabei unterscheidet man zwischen harten und weichen sowie konzerninternen und konzernexternen Patronatserklärungen. Nur harte Patronatserklärungen beinhalten einen Rechtsbindungswillen, der dann auch eine entsprechende Einstandspflicht gegenüber dem Adressaten der Erklärung begründet. Je nach Erklärungsempfänger unterscheidet man, ob es sich um eine konzerninterne oder konzernexterne Patronatserklärung handelt. Während die konzernexterne Patronatserklärung grundsätzlich keine unmittelbare Verpflichtung zur Zahlung an den Gläubiger begründet, begründet die konzerninterne Patronatserklärung in der Regel einen Ausstattungsanspruch der Tochtergesellschaft gegenüber der Patronin.
Nach dem im vorliegenden Fall nach Auffassung des BGH anwendbaren Anfechtungstatbestand des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung (hier: Rückführung fälliger Verbindlichkeiten durch Verrechnung) anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Dabei steht der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die Kenntnis der Umstände gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, § 130 Abs. 2 InsO.
Bei der hier erklärten harten Patronatserklärung handelt es sich um eine konzernexterne Patronatserklärung, die sich nach der bisherigen Rechtsprechung im Insolvenzfall ausnahmsweise in eine Pflicht zur direkten Zahlung der Patronin an den Gläubiger wandelt (BGH-Urteil vom 30. 1. 1992 – IX ZR 112/91, DB 1992 S. 2238). Ein eigener Anspruch der Schuldnerin wird aber dadurch aufgrund der Rechtsnatur der konzernexternen Patronatserklärung nicht begründet, da es sich bei ihr nur um eine einseitige vertragliche Verpflichtung der Patronin gegenüber einem Dritten handelt, die Schuldnerin mit finanziellen Mitteln entsprechend auszustatten. Der BGH stellt in dem vorliegenden Urteil daher klar, dass mangels der Begründung solcher eigenen Ansprüche der Schuldnerin die Patronatserklärung für sich genommen weder die Zahlungsunfähigkeit noch die Überschuldung der Tochtergesellschaft beseitigt.
Nach Auffassung des BGH beseitigt die Patronatserklärung allein daher auch nicht die Kenntnis der beklagten Bank von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, da mangels eines der Beklagten erkennbaren Liquiditätszuflusses durch die Patronin an die Schuldnerin die auf eine Zahlungsunfähigkeit deutenden Umstände fortbestanden. Der BGH bestätigt damit seine diesbezügliche bisherige Rechtsprechung, wonach eine Patronatserklärung allein nicht die Kenntnis von Umständen beseitigt, die zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (BGH-Urteil vom 11.2.2010 – IX ZR 104/07, DB 2010 S. 945).
Dementsprechend sollte man als Insolvenzgläubiger im Fall der Abgabe einer Patronatserklärung genau prüfen, welche Art von Patronatserklärung vorliegt, welche Ansprüche gegenüber welcher Partei bestehen und ob tatsächlich eine entsprechende Liquiditätsausstattung der Schuldnerin erfolgt ist, um gerade angesichts einer drohenden Insolvenz nicht Gefahr zu laufen, in das Visier der Anfechtungsbemühungen des Insolvenzverwalters zu geraten.