Kein gutgläubiger Erwerb eines aufschiebend bedingt abgetretenen GmbH-Anteils

RA Dr. Alexander Veith, Partner, Allen & Overy LLP

Eine bedeutsame Frage für die M&A-Praxis ist mit Beschluss des BGH vom 20. 9. 2011 (II ZB 17/10, DB 2011 S. 2481) geklärt worden: ob ein aufschiebend bedingt abgetretener GmbH-Anteil vor Bedingungseintritt gutgläubig durch einen Dritten erworben werden kann.

In der Praxis werden Geschäftsanteile häufig aufschiebend bedingt abgetreten, z. B. wenn die Zustimmung einer Kartellbehörde erforderlich ist oder um die Zahlung des Kaufpreises sicherzustellen. Die Abtretung wird dann erst mit Zustimmungserteilung oder Kaufpreiszahlung wirksam. Bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung bleibt der Veräußerer Eigentümer des Geschäftsanteils. Nach allgemeinem Zivilrecht sind weitere Verfügungen des Veräußerers in dieser Schwebezeit gegenüber dem Erwerber unwirksam (§ 161 Abs. 1 BGB). Die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb sollen jedoch entsprechende Anwendung finden (§ 161 Abs. 3 BGB). Inwiefern die genannten Normen einen gutgläubigen Erwerb eines Geschäftsanteils durch einen Dritten in der Schwebezeit zwischen der Abtretung des Geschäftsanteils und dem Bedingungseintritt ermöglichen, ist umstritten.

Der BGH hat diese Frage nunmehr geklärt. Ein Notar hatte nach einer aufschiebend bedingten Abtretung eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht. In dieser war zu dem betroffenen Geschäftsanteil vermerkt „aufschiebend bedingt abgetreten“. Mit diesem Zusatz sollte der Erwerber vor einem gutgläubigen Erwerb des Geschäftsanteils in der Schwebezeit durch einen Dritten geschützt werden. Der Registerrichter hatte die Aufnahme der Gesellschafterliste in das Handelsregister abgelehnt, da eine Veränderung in der Gesellschafterstellung vor Eintritt der Bedingung noch nicht eingetreten war.

Der BGH hat dem Registergericht mit zwei Argumenten Recht gegeben. Formal argumentiert der BGH, dass das Gesetz die Einreichung einer Gesellschafterliste, die eine Veränderung erst ankündigt, nicht vorsehe. Der gesetzliche Inhalt der Gesellschafterliste (Inhaber, Nennbeträge und laufende Nummern der Geschäftsanteile) könne auch nicht beliebig erweitert werden. Darüber hinaus bestehe aber auch gar kein Schutzbedürfnis für einen solchen Zusatz in der Gesellschafterliste, da ein gutgläubiger Erwerb durch einen Dritten in der Schwebezeit nicht möglich sei. Die Gesellschafterliste enthalte nur Angaben zum Inhaber des Geschäftsanteils und schütze daher auch nur den guten Glauben an die Inhaberschaft. Mangels entsprechender Angaben sei dagegen weder der gute Glaube daran, dass der Geschäftsanteil nicht mit Rechten Dritter (hier: Anspruch des Erwerbers auf Übertragung) belastet ist, noch der Gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers geschützt. Mit ähnlicher Argumentation hatte bereits das OLG München (Beschluss vom 11. 3. 2011 – 31 Wx 162/10, DB 2011 S. 757) die Aufnahme eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste im Falle einer aufschiebend bedingten Abtretung abgelehnt.

Die Entscheidung des BGH bringt für die Praxis Rechtssicherheit. Aufgrund der höchstrichterlichen Entscheidung besteht zukünftig kein Bedürfnis mehr, den Erwerber vor weiteren Abtretungen in der Schwebezeit zu schützen. Inhaltlich überzeugt die Argumentation des BGH. Die Gegenansicht argumentiert, der Dritte sei damit beim Erwerb vom gänzlich Nichtberechtigten besser gestellt als beim Erwerb vom (noch) Berechtigten. Würde man der Gegenansicht Folge leisten, wäre im Falle einer aufschiebend bedingten Abtretung der gutgläubige Erwerb eines Dritten schon vom ersten Tag nach der Abtretung möglich. Das ließe sich allerdings schwerlich mit dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung vereinbaren. Demnach soll ein gutgläubiger Erwerb grundsätzlich erst drei Jahre nachdem die Gesellschafterliste falsch geworden ist, möglich sein. Diese „Schonfrist“ soll dem tatsächlich berechtigten Inhaber die Möglichkeit geben, die Gesellschafterliste zu korrigieren.

In seiner Argumentation spricht der BGH zwei weitere für die Praxis relevante Fälle im Zusammenhang mit dem gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen an. Zum einen ist ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb nicht möglich. Die Belastung des Geschäftsanteils durch Rechte Dritter entfällt folglich im Falle des gutgläubigen Erwerbs nicht. Zum anderen überwindet der Gutglaubensschutz nicht etwaige Verfügungsbeschränkungen des Veräußerers. Nicht selten sind Geschäftsanteile vinkuliert, sodass der Veräußerer nicht ohne Zustimmung der Gesellschaft über die Anteile verfügen kann. Des Weiteren ist ein gutgläubiger Erwerb eines Geschäftsanteils nicht möglich, wenn dieser gar nicht existiert. Auch zukünftig wird der Erwerber eines Geschäftsanteils daher gewisse Prüfungen vornehmen müssen und kann sich nicht uneingeschränkt auf den Inhalt der Gesellschafterliste verlassen.

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