Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat kürzlich den Referentenentwurf der 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) veröffentlicht. Die Novelle soll am 1. 1. 2013 in Kraft treten. Sie betrifft im Wesentlichen die Fusionskontrolle. Weitere wichtige Änderungen beziehen sich auf die Rechte im Kartellordnungswidrigkeitsverfahren.
Fusionskontrolle
Die Beurteilung von Unternehmenszusammenschlüssen wird an die europäische Fusionskontrolle angepasst. Das GWB übernimmt das ökonomisch ausgerichtete Untersagungskriterium der „erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs“ (engl. significant impediment to effective competition oder kurz „SIEC“). Nach geltendem Recht ist ein Zusammenschluss gem. § 36 Abs. 1 GWB vom Bundeskartellamt zu untersagen, wenn die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung zu erwarten war; dieser Tatbestand wird künftig – ebenso wie auf europäischer Ebene – als Regelbeispiel beibehalten. Die neue Vorschrift soll die Erfassung komplexer Oligopolprobleme verbessern. Mit ihr wird eine Verschiebung der Prüfung von Marktstrukturen auf tatsächliches Verhalten der Unternehmen im Wettbewerb einhergehen. Die Verfahren könnten damit aufwändiger werden, die Ergebnisse allerdings auch besser. Anders als die europäische Fusionskontrolle hält das GWB an den gesetzlichen Vermutungen für Marktbeherrschung fest. Die Schwelle für die vermutete Einzelmarktbeherrschung wird auf einen Markanteil von 40% angehoben.
Weitere Anpassungen an das europäische Recht betreffen die Anmeldepflichtigkeit von mehreren aufeinanderfolgenden Transaktionen zwischen identischen Parteien (§ 38 Abs. 5 Satz 3 GWB-E), eine Ausnahme vom Vollzugsverbot bei öffentlichen Übernahmen (§ 41 Abs. 1a GWB-E) und die Zulässigkeit von verhaltensbezogenen Zusagen. Die Prüfungsfrist verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn Unternehmen Zusagen anbieten (§ 40 Abs. 2 Satz 7 GWB-E).
Die Aufgreifschwellen für Fusionen zwischen Presseunternehmen werden gelockert (§ 38 Abs. 3 GWB-E); sie unterliegen demnächst erst ab einem weltweiten Umsatz der beteiligten Unternehmen von € 62,5 Mio. (derzeit € 25 Mio.) sowie Inlandsumsätzen eines Unternehmens von € 3,125 Mio. und eines weiteren von € 625.000 der Fusionskontrolle.
Die sog. Bagatellmarkt-Klausel für Zusammenschlüsse auf Märkten von geringer volkswirtschaftlicher Bedeutung (Marktvolumen max. € 15 Mio. p.a.) begründet demnächst keine Ausnahme von der Anmeldepflicht mehr, lediglich können solche Zusammenschlüsse nicht mehr untersagt werden (§ 36 Abs. 1 Satz 2 GWB-E).
Der Entwurf stellt für vollzogene, aber nicht angemeldete Zusammenschlüsse, die gemäß der derzeitigen Rechtslage ungeachtet ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb möglicherweise dauerhaft nichtig sind, wieder Rechtssicherheit her. Solche Zusammenschlüsse gelten als rückwirkend geheilt, wenn sie nachträglich angezeigt werden und das Bundeskartellamt in der Sache keine Bedenken erhebt (§ 41 Abs. 1 Satz 3 GWB-E).
Missbrauchsaufsicht
Die Regelungen über den Missbrauch einer marktbeherrschenden oder marktstarken Stellung eines Unternehmens bleiben in der Sache unverändert, aber werden verständlicher; u. a. werden die Definition der Marktbeherrschung und die Vermutungstatbestände in einen neuen § 18 GWB überführt. Die spezielle Missbrauchsaufsicht über Strom- und Gaspreise soll um weitere fünf Jahre verlängert werden. Ebenso beibehalten werden soll das Verbot der Preis-Kosten-Schere für Energieversorgung und Lebensmittelhandel.
Kartellordnungswidrigkeitsverfahren
Im Bereich des Kartellordnungswidrigkeiten-/Bußgeldrechts wird das Aussageverweigerungsrecht juristischer Personen und Personenvereinigungen im Hinblick auf unternehmens- und marktbezogene Daten eingeschränkt, um die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für ein Bußgeld zu vereinfachen (§ 81a GWB-E). Das Recht Dritter auf Akteneinsicht in „Bonus-“ oder „Kronzeugenanträge“, i. d. R. zwecks Vorbereitung von Schadensersatzklagen, wird ausgeschlossen (§ 81b GWB-E). Der Gesetzesentwurf sieht schließlich vor, dass Verbraucherverbände einen Unterlassungsanspruch und einen Anspruch auf Vorteilsabschöpfung bei Massen- und Streuschäden erhalten (§ 33 Abs. 2 GWB-E).