Das Bundeskartellamt (BKartA) hat im November 2011 Bußgelder von ca. 24 Mio. € gegen die Reckitt Benckiser Deutschland GmbH, Hersteller des Maschinengeschirrspülmittels „Calgonit“, wegen Verstößen gegen das Kartellrecht verhängt. Bereits im Februar 2008 hatte das BKartA Bußgelder in Höhe von ca. 37 Mio. € gegen Hersteller von Drogerieartikeln verhängt.
Gegenstand beider Verfahren waren nach den Pressemitteilungen des Bundeskartellamts vom 20. 2. 2008 und 23. 11. 2011 „Preisabsprachen“ und „Informationsaustausch“. Es überrascht niemanden, dass Vereinbarungen, für konkurrierende Produkte zu einem bestimmten Zeitpunkt die Preise um eine bestimmte Spanne anzuheben, verboten sind. Aber das Kartellverbot erfasst darüber hinaus bestimmte Vereinbarungen über andere Wettbewerbsparameter, also Produkteigenschaften, mit denen ein Hersteller sich vom Wettbewerb abzuheben und Nachfrage auf sich zu ziehen sucht (z. B. die Packungsgröße). Das wird nicht nur dann geahndet, wenn die vereinbarte Reduzierung der Packungsgröße von einer Vereinbarung über konstante Preise flankiert wird (und aus Sicht der Verbraucher damit eine Preiserhöhung darstellt), sondern auch wenn allein die Packungsgröße gemeinsam festgelegt wird.
Nochmals über dieses Verständnis des Kartellverbots hinaus geht die Ahnung von Verhalten, das keine „Vereinbarung“ im landläufigen Sinne ist, weil die Unternehmen kein zukünftiges Verhalten versprechen oder nur in Aussicht stellen. Lediglich tauschen sie Informationen aus der Vergangenheit aus, die ggf. nicht einmal aus ihrer Sphäre stammen – so wie in den entschiedenen Fällen die Rabattforderungen des Einzelhandels, mit denen sich die Hersteller in ihren Jahresgesprächen konfrontiert sahen. Daneben beanstandete das BKartA auch den Austausch über den Stand und Verlauf der Verhandlungen. Das BKartA sieht die wettbewerbsbeschränkende Wirkung darin, dass Unsicherheit über die Reaktion der Wettbewerber auf Rabattforderungen des Einzelhandels beseitigt wird und jedes Unternehmen seine eigene Verhandlungsstrategie besser einstellen kann.
Kartellrechtswidrige Absprachen finden also nicht nur in dunklen Hinterzimmern statt. Auch der offizielle Informationsaustausch im Rahmen der Verbandstätigkeit ist nach Ansicht des BKartA nicht vom Kartellrecht ausgenommen, und Unternehmen können sich nicht damit verteidigen, man habe sich auf den Verband verlassen.
Interessant ist der Hinweis in der Pressemitteilung des Bundeskartellamts auf Nachermittlungen „in den noch anhängigen Verfahren“ gerade vor dem Hintergrund der „einvernehmlichen Verfahrensbeendigung“ (engl. settlement) mit manchen der betroffenen Unternehmen: Kommt es nämlich in den Gesprächen mit dem BKartA nicht zu einem Einvernehmen über das Bußgeld, so kann das BKartA bisher unbeachtete Tatkomplexe in die Ermittlungen einbeziehen. Weil das settlement kein Vergleich im zivilrechtlichen Sinne ist, bei dem die Frage des Verstoßes offengelassen wird, sondern weil das BKartA einen Bußgeldbescheid erlässt, ist es aber grundsätzlich im „Geltungsbereich“ dieses Bescheids (also im Umfang der dort beschriebenen prozessualen Tat) an weiteren Bußgeldern gegen das gleiche Unternehmen gehindert. Das Risiko von Nachermittlungen müssen Unternehmen bedenken, wenn sie eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung ablehnen.
Abgeschlossen sei dieser Beitrag mit dem Hinweis, dass das BKartA – anders als die Europäische Kommission, die daran aus Rechtsgründen gehindert ist – auch die verantwortlichen Vertriebsleiter, Geschäftsführer etc. bebußt.