Bereits mit Beschluss des 1. Senats vom 14. 12. 2010 (1 ABR 19/10, DB 2011 S. 593, DB0407999) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht im eigenen Namen Tarifverträge schließen kann. Diese Entscheidung stellte für die betroffenen Personaldienstleister in der Zeitarbeitsbranche einen Paukenschlag dar.
Nach den seinerzeitigen Ausführungen des BAG können Tarifverträge auf Arbeitnehmerseite nur von einer tariffähigen Gewerkschaft oder einem Zusammenschluss solcher Gewerkschaften (Spitzenorganisation) abgeschlossen werden. Solle eine Spitzenorganisation selbst als Partei Tarifverträge abschließen, müsse das zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben gehören (§ 2 Abs. 3 TVG). Die CGZP – so das BAG – sei keine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG, weil sich ihre Mitgliedsgewerkschaften (Christliche Gewerkschaft Metall, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen, Berufsgewerkschaft) nicht im Umfang ihrer Tariffähigkeit zusammengeschlossen haben. Zudem gehe der in der Satzung der CGZP festgelegte Organisationsbereich für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinaus.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich der Beschluss des BAG nur auf die Tariffähigkeit der CGZP nach Maßgabe der Satzung der CGZP vom Oktober 2009 bezieht. Im Hinblick darauf, dass diese Satzung in den entscheidungserheblichen Punkten den früheren Satzungen entsprach, steht zwar nicht rechtlich bindend, aber doch faktisch fest, dass die CGZP auch in der Vergangenheit tarifunfähig war, so dass auch die in der Vergangenheit von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sein dürften.
Maßgeblich ist dieser Umstand vor allem vor dem Hintergrund der Risiken, die sich aus dem Beschluss des BAG für die betroffenen Personaldienstleister ergeben. Einerseits könnten nämlich Arbeitnehmer Nachforderungen stellen, wenn anstelle der (aus Arbeitgebersicht günstigen) Zeitarbeits-Tarifverträge die beim Entleiher anwendbaren Tarifverträge hätten angewandt werden müssen. Andererseits besteht das Risiko, dass auch die Sozialversicherungsträger rückwirkend Ansprüche geltend machen. In dem Umfang, in dem ein Arbeitgeber (Personaldienstleister) Bezüge nach einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag gezahlt und dementsprechend Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat, können die Sozialversicherungsträger verlangen, dass in Höhe der Gehaltsdifferenz ebenfalls Beiträge abgeführt werden, und zwar sowohl der Arbeitgeber- als auch der Arbeitnehmeranteil (Gesamtsozialversicherungsbeitrag).
Diese Risiken haben sich durch eine Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 9. 1. 2012 verstärkt (Beschluss vom 9. 1. 2011 – 24 TaBV 1285/11). In dieser Entscheidung hat das Gericht festgestellt, dass die CGZP auch bereits am 29. 11. 2004, am 19. 6. 2006 und am 9. 7. 2008 nicht tariffähig war und zu diesen Zeitpunkten keine Tarifverträge abschließen konnte.
In dem bereits angesprochenen Verfahren vor dem BAG bezog sich der vom BAG zu behandelnde Feststellungsantrag nicht ausdrücklich auf die Vergangenheit, so dass das BAG nicht rechtskräftig darüber entscheiden konnte, ob die CGZP in der Vergangenheit tariffähig war und die Tarifverträge in der Vergangenheit wirksam waren.
Mit der nunmehr veröffentlichten Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg ist diese Unklarheit jedoch beseitigt worden.
Allerdings weist das LAG Berlin-Brandenburg in der zitierten Entscheidung, von der derzeit nur eine Pressemitteilung vorliegt, nicht jedoch der Volltext, ausdrücklich darauf hin, es habe nicht entschieden, ob Arbeitgeber, die mit ihren Leiharbeitnehmern die Anwendung der CGZP-Tarifverträge vereinbart hatten, auf die Wirksamkeit der Tarifverträge in der Vergangenheit vertrauen durften. Dies sei ggf. in Rechtsstreitigkeiten zu untersuchen, in denen Arbeitnehmer wegen der Unwirksamkeit der Tarifverträge Nachforderungen stellen.
Auch wenn das LAG Berlin-Brandenburg somit die Frage des Vertrauensschutzes nicht abschließend geklärt hat, bringt das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg die betroffenen Personaldienstleister dem Risiko, sich Nachzahlungsforderungen von Arbeitnehmern oder auch Sozialversicherungsträgern ausgesetzt zu sehen, definitiv einen Schritt näher.